Rohkost mit Oliventunke, Küchengruß an die Dame im Le Louis XV, dem Restaurant des Hotel de Paris in Monte Carlo

Foto: Tobias Müller

Stopfleber mit Begleitung

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Karnickel-Sarg

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Karnickel, mit sich selbst gefüllt, adrette Karotten und makellose Nudeln

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Der Käsewagen (wer hätte es gedacht)

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Baba, getränkt mit einer von 16 möglichen Rumsorten, serviert auf blauer Designer-Fliese

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140 Euro für ein Mittagsmenü ist im Le Louis XV fast geschenkt. Für den Preis gibt's dort a la carte nicht einmal die Kartoffelgnocchi. Außer, Sie bitten den Kellner, die weißen Trüffeln wegzulassen, aber ganz ehrlich, wer traut sich das schon. Dann doch lieber den „Club Déjeuner de Saison", wie die Okasion zu Mittag heißt. Zwei Gänge, Käse, Dessert und Kaffee, sogar der Wein ist inkludiert - wenn ers nur aushält, der Alain Ducasse. 

Schick und modern wie die reiche Urgroßtante

Im Le Louis XV, dem Restaurant des Hotel de Paris in Monte Carlo, hat der Meister angefangen: Hier hat er 1990, mit 33, seine ersten drei Michelin Sterne eingeheimst. Bis heute hat sich an der Wertung in Monte Carlo nichts geändert - auch wenn die Besitzer böser Zungen bloggen, das Dreigestirn gelte heute mehr dem Ducasseschem Lebens- denn dem Tagwerk.

Das Louis XV ist so schick und modern wie die reiche Urgroßtante. Sollen die Geschmacks-Hipster doch in eine Lagerhalle im Kopenhagener Hafen jetten, in der der Putz von den Wänden bröckelt und rohe Radieschen auf essbarem Torf serviert werden - hier landet weiter Stopfleber auf goldumrahmten Tellern. Brokatvorhänge, Barockmöbel, Wandmalereien und Marmorbüsten üppiger Konkubinen zeigen den neureichen Essern, wer den Pomp erfunden hat.

Wagenpark

Sobald der Gast sitzt, rollt der Champagnerwagen an, drei Mal weiß, einmal Rosé, gut gekühlt im Eiskegel, dann folgt der Brotwagen, 20 Sorten, vom Baguette Traditionelle bis zum saisonalen Feigen- und Tomatenbrot, alles aus der hauseigenen Boulangerie. Sogar die gesalzene Butter kommt als 100 Kilo schwerer Kegel auf Rädern, abgeschabt und auf einer kleinen Marmorplatte gereicht. Die Küche grüßt gegendered: Spinattäschchen mit Ziegenkäse für den Herrn, saisonale Rohkkost mit Olivenpaste zum Tunken für die Dame, beides leicht, erfrischend und ein bisschen fad.

Wie Peter Rapp neben Harald Schmidt

Die Speisen sind so klassisch wie ihr Saal: In Wein pochierte Foie Gras, mit lauwarmen Geflügelconfit und Salat, die aber neben der Stopfleber wirken wie Peter Rapp neben Harald Schmidt. Nur eine confierte Tomate unterm Endivenblatt kann neben dem Star überzeugen. Kaninchenrücken, gefüllt mit einer Farce aus des Karnickels Innenleben und Speck, zu Tisch gerollt (was sonst) im kupfernen Serviersarg, schmeckt so opulent, wie es sich anhört. Gesellschaft leisten ihm (dem Rücken) hausgemachte, seidig-sanfte Nudeln und adrett heraus geputzte Jungkarotten, nicht kreativ, aber makellos.

Auch der Rum hat seinen Wagen

Zum Dessert rollt der Rumwagen an. Hier riecht der alkoholisch gebildete Gast am Korken und wählt aus 16 Sorten jenen, den er über seinen Baba, den traditionellen französischen Napfkuchen, gegossen bekommen möchte. Wem das zu mühsam ist, bekommt obszönen Pomp in Fruchtgestalt, viererlei Feigen in Honigcreme gebraten. Der Käsewagen offeriert eine eigens für das Lokal gereifte Selektion in diversen Verfallsstadien und sensationellem Geschmack, von der halbtrockenen Ziege aus Grasse über den Bleu d'Auvergne bis zum vier Jahre alten Brebis aus dem Baskenland. Wer sich am Ende nicht entscheiden kann, ob er Kaffee aus Äthopien, Haiti oder doch besser Brasilien will, wählt einen Aufguss frisch geschnittener Kräuter (vom Kräuterwagen) oder Tee.

Woher die Butter kommt

Vier Kellner kümmern sich um zwei Gäste, erklären auf Nachfrage, wie lange die Tomaten konfiert wurden (sechs Stunden) oder woher die Butter kommt (aus der Bretagne), schreiben den Produzenten eines besonders wohl gereiften Blauschimmelkäses (Zettel verloren) auf und packen einem zum Abschied noch Schokoladen ein. Stets freundlich und so viel weniger steif als ihr Arbeitsplatz, als täten sie das alles aus Freundschaft, nicht fürs Trinkgeld. Die 140 Euro inkludieren nämlich theoretisch sogar das.

Nicht mehr Sonnenkönig, noch nicht Revolution

Am Abend kostet der Spaß allerdings gleich das Doppelte, dafür gibt es dann auch Meeresfrüchte und Fisch, die dem preisbewussten Mittagsgast großteils vorenthalten bleiben. Trotzdem findet das abendliche Menu pour les Gourmets, glaubt man denen, die öfter kommen, immer weniger Abnehmer.

Wer den Speisesaal verlässt und durch die Lobby des Hotel de Paris schreitet, kommt an der Statue Louis XV vorbei, Namensgeber und ein bisschen Sinnbild des Lokals: Nicht mehr Sonnenkönig, noch nicht Revolution.