Bild nicht mehr verfügbar.

Der Geminiden-Schauer sorgt für spektakuläre Himmelserscheinungen; seine Entstehung ist noch immer nicht zweifelsfrei geklärt.

Foto: REUTERS/Ali Jarekji

Wien - Auch wenn das Wetter zumindest in Österreich nicht optimal dafür war, mit etwas Glück konnte man in den vergangenen Nächten einen prachtvollen Sternenregen niedergehen sehen. Das Zeitfenster für den alljährlichen Geminiden-Meteoroidenschauer hat sich am 12. Dezember geöffnet und dauert bis zum 16. Dezember. Höhepunkt des Himmelsspektakels aber war die Nacht zum 14. Dezember.

Mit bis zu 120 Meteoren pro Stunde ist der Geminiden-Schauer einer der ergiebigsten Meteor-Schwärme des Jahres. Nicht nur die große Zahl, besonders die Helligkeit der Sternschnuppen macht die Geminiden zu einem beeindruckenden Ereignis: viele der Erscheinungen können sogar über lichtdurchfluteten Großstädten beobachtet werden. So prachtvoll der Sternenregen für Himmelsgucker auch erscheint, den Wissenschaftern bereitet vor allem sein Ursprung Kopfzerbrechen.

Sternschnuppen-Jäger sollten ihren Blick auf das Sternbild Zwillinge richten, das nach der Abenddämmerung im Osten steht und allmählich höher steigt. Die Zwillinge mit ihren hellen Hauptsternen Castor und Pollux standen Pate bei der Namensgebung für den Geminiden-Schwarm, weil die Sternschnuppen aus genau dieser Richtung zu fallen scheinen - diesen Ausgangspunkt der Meteorbahnen bezeichnen die Astronomen als Radiant.

Langsame Funken aus der kosmischen Staubwolke

In Wahrheit entstammen die Schnuppen freilich einer Staubwolke, die unsere Erde auf ihrer Bahn um die Sonne jedes Jahr um dieselbe Zeit durchquert. Dabei treten die Staubpartikel in die Erdatmosphäre ein, wo sie als kurzlebige Sternschnuppen verglühen. Dies gilt zwar für alle Sternschnuppen-Schauer, doch die Geminiden weisen einige Besonderheiten auf. So ziehen die Meteore des Stroms vergleichsweise langsam über den Himmel. Grund ist die geringe Geschwindigkeit, mit der die Geminiden-Teilchen in die Atmosphäre eintauchen.

Als weitere Eigentümlichkeit der Geminiden gilt, dass in der Nacht des Sternschnuppen-Maximums zunächst die lichtschwächeren und erst am Ende die hellsten Meteore aufleuchten. Auf besonders lichtstarke Sternschnuppen dürfen Himmelsgucker daher dieses Jahr vor allem in der zweiten Nachthälfte vor Dämmerungsbeginn hoffen. Diese hellen Geminiden leuchten dann meist gelblich-weiß.

Ungewöhnlicher Ursprung

Ungewöhnlich ist vor allem aber der Ursprung der Staubwolke, die für das vorweihnachtliche Sternschnuppen-Spektakel verantwortlich ist. In der Regel gehen Meteorschauern auf winzige Überreste von Kometen zurück, die bei der Annäherung an die heiße Sonne Gas und Staub freisetzen, der sich dann über die Kometenbahn verteilt. So liegt der Ursprung des spektakulären Perseiden-Stroms im August in der kosmischen Staubspur des Kometen "Swift-Tuttle", der alle 130 Jahre der Sonne einen Besuch abstattet.

Anders die Geminiden-Staubwolke: Sie stammt nicht von einem Kometen, sondern geht offenkundig auf einen Asteroiden zurück. Der Geminiden-Asteroid heißt 3200 Phaeton und umrundet die Sonne in rund eineinhalb Jahren. "Von allen Trümmerströmen, die die Erde jedes Jahr passiert, sind die Geminiden der bei weitem massereichste", meint Bill Cooke, Astronom der NASA. "Wenn wir die Staubmenge im Geminidenstrom zusammenrechnen, übertrifft seine Masse die der anderen um den Faktor fünf bis 500."

Und dies stellt auch eines der größten Rätsel rund um 3200 Phaeton und seine Staubwolke dar. Wie kann ausgerechnet ein Asteroid eine so massereiche Materiewolke verbreiten? Zumindest eine teilweise Antwort darauf lieferten 2009 die Sonnenbeobachtungssatelliten der "STEREO"-Mission. Wissenschafter konnten im Rahmen dieser Mission feststellen, dass 3200 Phaeton bei seinem Umlauf unserem Zentralgestirn sehr nahe kommt. Der Asteroid passiert die Sonnen-Oberfläche in nur rund 15 Sonnendurchmessern Entfernung. Durch die extreme Hitze, der er dabei ausgesetzt ist, bricht Oberflächengestein durch thermische Risse und Zerfall von hydratisierten Mineralien auf und 3200 Phaeton stößt Staub aus.

Die Menge an Materie, die 3200 Phaeton dabei abgibt, ist allerdings sehr gering: Sie entsprach 2009 nur in etwa 0,01 Prozent der Masse des Geminidenstroms - weitaus nicht genug um den Staubstrom über lange Zeit hinweg zu speisen. Wissenschafter spekulieren, dass 3200 Phaeton in früherer Zeit einmal aktiver war; andere halten es für wahrscheinlich, dass er das steinerne Skelett eines früheren Kometen ist, der schon vor sehr langer Zeit sein Eis verloren hat. "Wir wissen es einfach nicht", so der NASA-Astronom Cooke. "Jede neue Tatsache, die wir über die Geminiden lernen, scheint das Rätsel nur zu vertiefen." (red/APA)