Kiew/Moskau - In einer Nacht- und Nebelaktion hat der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch eine Verwaltungsreform durchgezogen, bei der ein Drittel des Regierungskabinetts entlassen wurde. Nur der Außen-, der Innen-, der Verteidigungs-, der Justiz- und der Gesundheitsminister behielten ihre Posten.

Die Verwaltungsreform, nach der die Anzahl der Ministerien von 20 auf 16 gekürzt und die Anzahl der Regierungsmitglieder von 26 auf 17 gekürzt wird, soll helfen, Kosten einzusparen. Die vier Vizepremierminister müssen künftig auch ein Ministerium leiten. Laut Justizminister Oleksandr Lawrionowitsch sollen innerhalb eines Jahres 50 Prozent des bürokratischen Apparates gekürzt werden. Dadurch sollen die Ausgaben um eine Milliarde Grywnia (rund 94 Millionen Euro) sinken.

Die Opposition sieht hinter Janukowitschs Verwaltungsreform allerdings nicht nur einen eisernen Sparwillen, sondern auch den Versuch, seine Macht auszubauen. Anfang Oktober hatte das Verfassunsgericht die Gesetzesreform von 2004 aufgehoben, in der die Vollmachten des Präsidenten beschränkt wurden. Diese Einschnitte waren nach der Orangen Revolution von Janukowitschs Partei der Regionen gefordert worden, um die Macht des "orangen" Präsidenten Viktor Juschtschenko einzuschränken.

Sergej Tigipko, der bei der diesjährigen Präsidentschaftswahl den dritten Platz belegte, ist von Janukowitsch laut Politologen als Konkurrent entschärft worden. Nach der Verfassungsreform muss der ehemalige Banker das Wirtschaftressort aufgeben und wird Sozialminister. Laut dem Kiewer Politologen Wladimir Fesenko soll Tigipko "Sündenbock" der notwendigen sozialen Reformen werden. Tigipo muss unter anderem die Heraufsetzung des Pensionsalters durchsetzen. Erst Ende November protestierten tausende Kleinunternehmer gegen die geplante Steuerreform.

Die Kürzung des Budgetdefizits ist eine der Hauptforderungen des Internationalen Währungsfonds IWF, der der Ukraine einen Kredit in Höhe von rund elf Milliarden Euro gewährt. (Verena Diethelm/DER STANDARD, Printausgabe, 14.12.2010)