Die Grönlandgletscher schmelzen; dem Wiener Volkstheater kommen laut Rechnungshofsbericht die Abonnenten abhanden. Die Klimakrise erfasst mit Macht - und man ist geneigt zu sagen: mit Recht! - alle Monumente der kulturellen Daseinsvorsorge. Man spart, wo man (nicht) kann.

Man glaubt, noch bei jedem McDonald's-Besuch das Knirschen im Zubiss zu hören, das von der Verkommenheit der Dentalwerkzeuge kündet. Jeder Besucher neben dir an der Plastiktheke ist potenziell einer von jenen, die nicht sinnzusammenhängend lesen können: "Menü?" - Man zieht sich zurück auf das Unumgängliche: "Chee-se-Börger". Gespart wird nicht nur bei den Bildungsausgaben, sondern im Endeffekt bei den Gesichtern.

Das Hamburger Deutsche Schauspielhaus, die größte deutschsprachige Bühne überhaupt, hat an sein "liebes Ensemble" von Schauspielern folgende Denkwürdigkeit verabreicht: "Eine Sparmaßnahme, die Euch direkt betrifft, sind unsere Abschminkprodukte."

Die Götter müssen verrückt sein. "In Zukunft, d. h. mit einer Übergangszeit bis zum 20.11., wird es keine Feucht-/Öltücher mehr geben. " Kleiner Trost: "Die Maske stellt Abschminke und Hydro-oel zur Verfügung."

Gründgens' Kinder sitzen mit Weißclowngesichtern vor ihren Spiegeln. Die Gletscher knacken. Sie schmelzen weg. (Ronald Pohl, DER STANDARD - Printausgabe, 11./12. Dezember 2010)