Klemens Broschs "Herbstsonate": 1998 erwarb sie Rudolf Leopold für rund 14.500 Euro netto - jetzt wechselte das um 1920 gemalte Werk für ein Meistbot von 65.000 Euro (brutto 79.600) den Besitzer.

Foto: Dorotheum

Zwölf Reihen zu je neun Stühlen, insgesamt also 108 Sitzplätze, die im Ludwigstorff-Saal für potenzielle Käufer und Schaulustige bereit standen. Zu wenig, viel zu wenig angesichts der Menschenmenge, die sich am 7. Dezember am späten Nachmittag im Dorotheum in diesen Auktionssaal drängte. Als ob es etwas gratis gäbe oder zum Supersonderrabatt, oder von renommierter Herkunft, oder eben eine Kombination aus allem.

In dem an Fassungsvermögen wohl besser geeigneten Franz-Joseph-Saal drängen sich derzeit Brettsessel an Vorratsschränke an Truhen an feinst bemalten Bauernschränken aus Fichten-, Kirsch- und Zirbenholz. 257 Positionen, die trotzig ihr Schaustellungs-Revier im Vorfeld der Bauernmöbel-Auktion (13. 12.) behaupten. Und so musste die Fangemeinde Rudolf Leopolds auf 210 Quadratmeter das Auslangen finden, wobei schon die Mannschaft des Dorotheums ein ganzes Raumdrittel für sich beanspruchte.

Handel stockt Warenlager auf

Von den 190 Katalogposten, die Elisabeth Leopold aus der Privatsammlung ihres Ehemannes zur Deckung von Schulden versteigern lassen wollte, gelangten schließlich 185 auch zum Aufruf.

Für fünf Kunstwerke entschied sie kurzfristig anders, zog sie wenige Stunden vor der Auktion zurück, wie sie dem Standard bestätigt: Ein Gemälde Johann Michael Neders, eine Übermalung Arnulf Rainers sowie drei Arbeiten Josef Hoffmanns, zwei von Lötz, eine von Lobmeyr ausgeführt, dürften so womöglich abseits des Auktionssaals einen neuen Besitzer gefunden haben. Zwischen 49.000 und 67.000 Euro hatten die Dorotheums-Experten die Erwartungen für dieses Quintett beziffert. Insgesamt waren die Taxen ohnedies mehr als moderat bemessen, stellten regelrechte Schnäppchen in Aussicht. In manchen Fällen trat das auch ein, erhielt man den Zuschlag mangels anderer Interessenten überraschend schnell: Für netto 1000 Euro (Kaupfreis 1250) gab's da schon eine Allee Georg Gillis van Haanens, einen Papierschnittdruck Franz von Zülows oder eine von Marie Kirschner um 1900 entworfene Lötzvase.

Aus der Sicht des Handels war Weihnachten geradezu vorverlegt worden, so schnell konnte man für ein vergleichsweise kleines Budget schon lange nicht mehr das Warenlager mit prominenten Protagonisten füllen: Für 5500 (6875) Euro schnappte sich Michael Kovacek Alfred Kubins Federzeichnung Tierkreis, Horst Szaal spendierte 7500 (9375) für Eduard Zetsches Donaulandschaft und Christa Zetter derer 16.000 (19.820) für das von Gustav Klimt gezeichnete Brustbild eines Mädchens.

Den höchsten Zuschlag des Abends erteilte man nach einem hitzigen Bietgefecht bei 65.000 (79.600) Euro für Klemens Broschs Herbstsonate: Bis 60.000 Euro hatte sich Roland Widder engagiert, dann überließ er das Feld einem Telefonbieter, der damit auch zeitgleich den höchsten jemals für eine Arbeit des Linzer Künstlers verzeichneten Auktionspreis bewilligte.

In einen mittleren Kaufrausch verfiel Josef Schütz, zeitgerecht vor der 2011er-Messesaison sicherte er sich vier Gemälde, darunter Hans Böhlers Gärtnersfrau (10.000/12.500) oder Willy Eisenschitz's Landschaft in Spanien für 28.000 (34.460) Euro. 1997, erinnert sich der Kunsthändler, habe Rudolf Leopold dieses Werk für 32.000 Schilling (2325 Euro) erworben, womit sich seine Witwe an einem ordentlichen Zugewinn erfreuen könnte.

Das tut sie, mit kleinen Einschränkungen. Bei jedem einzelnen verkauften Stück, beschreibt sie, sei es ihr Weh ums Herz. Natürlich freue sie sich gleichzeitig, über das Geld - netto belief sich das Total am Ende des Abends auf 1,25 Millionen Euro (brutto 1,55 Mio.) - aber auch über die auf diesem Wege (Verkaufsquote 90 Prozent) vom Publikum posthum erteilte Anerkennung. (kron, DER STANDARD/ALBUM - Printausgabe, 11./12. Dezember 2010)