Terrinen wie diese von Ignaz Joseph Würth waren der Mittelpunkt jeder Festtafel.

Foto: Liechtenstein-Museum

Eine Eheschließung aus Liebe war, wie jeder weiß, am Wiener Hof die große Ausnahme. Geheiratet wurde aus politischem Kalkül, um den Einfluss an fremden oder weit entfernten Höfen auszuweiten und damit Macht zu gewinnen. Nur eine Tochter Maria Theresias musste ihren persönlichen Willen nicht dem Staatswohl unterordnen: Marie Christine, die - nach dem Tod ihres Vaters Kaiser Franz I., der dieser Verbindung im Weg gestanden war - im Frühjahr 1766 Prinz Albert von Sachsen-Teschen ehelichte.

Die Mitgift der Lieblingstochter Maria Theresias war eine besonders stattliche und ermöglichte dem Paar die Finanzierung einer Hofhaltung, die der eines regierenden Monarchen glich. Auch finanzierte sie die im Laufe der Jahrzehnte stetig wachsende Kunstsammlung, darunter jene 14. 000 Zeichnungen und 200.000 druckgrafische Blätter, die den historischen Kernbestand der Albertina-Sammlung bilden.

Service als Staatsschatz

Als Inbegriff fürstlichen Prunks und der absoluten Macht der Monarchie galt allerdings anderes: ein umfangreiches Silberservice, mit dem der Staatsschatz buchstäblich zur Schau stellte. Zwischen Marie Christines Verlobung und ihrer Hochzeit lag zu wenig Zeit, um ein entsprechend prachtvolles Service fertigen zu lassen, weshalb ihre Aussteuer vorerst nur verschiedene Teile Gebrauchssilber und ein bereits 1748 ausgeführtes Ensemble umfasste. 1779 erteilte Herzog Albert dem Wiener Gold- und Silberschmied Ignaz Joseph Würth den Auftrag für ein Service, das der Rolle des künftig in Brüssel residierenden Herzogs und seiner Gattin als Generalgouverneure der Österreichischen Niederlande entsprach und an dessen Ausführung der Meister und seine Werkstatt bis 1782 arbeiteten: An die 534 Teile soll es ursprünglich umfasst und mehr als 680 kg gewogen haben. 1792 musste das Statthalterpaar vor den französischen Truppen aus Brüssel flüchten. Eines der drei mit deren Hab und Gut beladenen Schiffe sank in der stürmischen Nordsee, der Rest der kostbaren Fracht wurde von Hamburg nach Wien transportiert.

Das spektakuläre Service überdauerte sowohl diese Katastrophe als auch die Verordnungen Kaiser Franz II., über die er die leeren Staatskassen wieder befüllte. Albert von Sachsen-Teschens Silber blieb das Schicksal des Einschmelzens und der anschließenden Verarbeitung zu Münzen erspart. Anders erging es dem Service Joseph II., dessen Pracht nur noch ein Meytens-Gemälde zum Krönungsbankett dokumentiert, das 1797 "vermünzt" wurde.

Nach dem Ende der Monarchie befand sich Alberts Service noch in habsburgischem Familienbesitz. 1947 wurde das Gros über die Galerie Fischer in Luzern versteigert, dann verlor sich die Spur, nur sporadisch kamen Teile auf den Markt: Hier ein Paar schlichter Kerzenleuchter (Christie's New York: 45.200 Euro) oder drei Suppenterrinen (Sotheby's Genf 1995: 730.000 CHF / 560.000 Euro), da ein Paar prachtvoller Champagnerkühler (Sotheby's New York 2002), die für 547.000 Euro schließlich in den Besitz des Metropolitan Museums (NY) wechselten. Der Rest? Verschwunden. Bis zu einer für Johann Kräftner denkwürdigen Reise nach Paris vor wenigen Jahren. Dort besuchte er einen Privatsammler, der ihm Stück für Stück auftragen ließ.

Ein hinreißender Augenblick, den er auf gewisse Weise jetzt mit den Besuchern des LiechtensteinMuseums teilt: Mit der imposanten Tafel für 24 Gäste, dem Herzstück der Ausstellung (Das Prunkservice des Herzogs Albert von Sachsen-Teschen, bis 26. April 2011), die noch andere Exponate Würth'scher Kunstfertigkeit bereithält. Darunter das nicht minder glanzvolle Majoratssilber der Fürsten Esterházy oder die exquisiten feuervergoldeten Montierungen, die mehrere chinesische Vasen zu insgesamt vier monumentalen "Porzellan-Pagoden-Kandelabra" zusammenfügten. (Olga Kronsteiner, DER STANDARD/ALBUM - Printausgabe, 11./12. Dezember 2010)