Jerusalem - Mit scharfen Worten wenden sich in Israel immer mehr öffentliche Personen und Institutionen gegen ein von 47 Rabbinern brieflich unterstütztes religiöses Edikt, wonach in Israel keine Immobilien an Nichtjuden verkauft oder auch nur vermietet werden dürfen. Zuletzt nannte das Yad Vashem Holocaust Memorial den Rabbinerbrief einen "schweren Schlag gegen unsere Werte als Juden und Menschen in einem demokratischen Staat". Für Parlamentspräsident Reuven Rivlin (Likud) ist er "rassistisch und eine Schande für das jüdische Volk".

Das Edikt bezieht sich auf die Thora und zitiert verschiedene Quellen. Auch Mischehen werden verurteilt, und vor dem negativen Einfluss, der von nichtjüdischen Nachbarn zu befürchten ist, wird gewarnt. Außerdem sei eine Wertminderung für andere Immobilien zu befürchten.

Auch Rabbiner haben sich den Protesten angeschlossen. Der orthodoxe Rabbi Yosef Shalom Elyashiv wird in Haaretz zitiert, dass er immer schon gesagt habe, "dass es Rabbiner gibt, denen man die Feder wegnehmen sollte". Einer der führenden ultraorthodoxen Rabbiner, Aaron Leib Steinman (96), verweigerte dem unterschriftensammelnden Rabbiner Shmuel Eliyahu sogar ein Treffen.

Unmut erregt bei Kritikern des Rabbiner-Edikts auch, dass sich die Justiz trotz einer Petition noch nicht geäußert hat. Eine Gruppe von Intellektuellen hat Generalstaatsanwalt Yehuda Weinstein aufgefordert, juristisch tätig zu werden: Etliche dieser Rabbiner seien Staatsangestellte, die "die Gelöbnisse der israelischen Unabhängigkeitserklärung mit Füßen treten, Judentum in Rassismus verwandeln und offen das Gesetz verletzen, dass Anstiftung zum Rassismus verbietet". Auch Haaretz verlangte in einem Leitartikel, der Staat müsse die Rabbis "feuern". (guha/DER STANDARD, Printausgabe, 10.12.2010)