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Gut kommen die Herren nicht weg

Fotos: APA HELMUT FOHRINGER, Geert Vanden Wijngaert/AP/dapd, REUTERS/Heinz-Peter Bader, Montage: derStandard.at

Wien - US-Diplomaten zeichnen in Geheimberichten ein wenig schmeichelhaftes Bild von Österreich und seiner Regierungspolitik. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) attestieren sie mangelndes Interesse an Außenpolitik, während Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) sich weitgehend auf die Förderung von Wirtschaftsinteressen konzentriere, berichtet das Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" in seiner aktuellen Ausgabe unter Berufung auf 1700 Berichte der US-Botschaft in Wien. Die Diplomaten äußern sich mehrfach "frustriert", "extrem enttäuscht" und "besorgt" über ihre österreichischen Ansprechpartner.

Spindelegger auf Wirtschafts konzentriert, Darabos "uninteressiert"

Insgesamt bescheinigen die US-Diplomaten ihrem Gastland eine "Kluft zwischen dem Bild, das Österreich sich selbst von seiner Rolle in der Welt macht, und seiner tatsächlichen, zunehmend bescheidenen Leistung". Über den Kanzler schreiben sie: "Es ist klargeworden, dass Faymann kein persönliches Interesse an Außenpolitik hat." Außenminister Spindelegger sei "weitgehend darauf konzentriert, das Vordringen der österreichischen Wirtschaft" zu befördern. Und Verteidigungsminister Norbert Darabos sei nicht nur "uninteressiert an Außen- und internationaler Sicherheitspolitik", sondern dazu noch "offen ablehnend gegenüber Plänen, österreichische Truppen auf gefährliche Einsätze ins Ausland zu schicken".

Depeschen: Mehrere Konfliktfelder

Die US-Depeschen offenbaren gleich mehrere Konfliktfelder, etwa die Weigerung Österreich zur Aufnahme von Guantanamo-Häftlingen oder die Geschäftsbeziehungen österreichischer Unternehmen zum Iran und Nordkorea. Immer wieder kritisiert werden der Energiekonzern OMV, Waffenhersteller Steyr-Mannlicher und die Raiffeisenbank.

Laut "Spiegel" mussten sich zwei Raiffeisen-Manager im Jahr 2006 wegen der Treuhänderschaft für ein korruptionsumwittertes Gasgeschäft des russisch-ukrainischen Joint Ventures RosUkrEnergo vor US-Diplomaten verantworten. Die Manager hätten angegeben, dass die damaligen Präsidenten Wladimir Putin und Viktor Juschtschenko Kenntnis von allen Einzelheiten des Deals hatten. Der US-Botschafter kritisierte die Rolle der Österreicher in dem Geschäft. "Es fällt schwer, nicht zu vermuten, dass die Treuhänderschaft nicht einfach ein Feigenblatt ist für ein unappetitliches Arrangement."

Faymann: "Österreich trifft Entscheidungen souverän"

Im Bundeskanzleramt pocht man auf die Souveränität Österreichs. "Ein neutraler Staat wie Österreich trifft seine Entscheidungen souverän", betonte ein Sprecher von Bundeskanzler Werner Faymann am Sonntag. Das Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" hatte zuvor unter Berufung auf 1700 vertrauliche Berichte der US-Botschaft in Wien von deutlichen Meinungsverschiedenheiten zwischen Washington und Wien berichtet.

Der Sprecher wollte keinen Kommentar zu den vom "Spiegel" kolportierten Diplomatenberichten abgeben, da diese noch nicht im Originaltext vorliegen. Es dürfte sich aber um "Einzelmeinungen von Diplomaten handeln". "Wesentlich für die Beziehungen ist der Kontakt auf Augenhöhe", also zwischen den österreichischen Regierungsmitgliedern und ihren jeweiligen US-Pendants, und dieser sei "teilweise sehr intensiv".

Zur angeblichen Kritik von US-Diplomaten an bestimmten außenpolitischen Positionen Österreichs - vom "Spiegel" wird die Ablehnung, Guantanamo-Häftlinge aufzunehmen, genannt - betonte der Kanzlersprecher: "Ein neutraler Staat wie Österreich trifft seine Entscheidungen souverän und richtet sich nicht nach den Interessen der einen oder anderen Seite."

Darabos: "Erwarten Klarstellung"

Verteidigungsminister Norbert Darabos lässt die Kritik von US-Diplomaten an seiner Person nicht auf sich sitzen. "Wir erwarten uns eine Klarstellung des (US-amerikanischen) Botschafters", sagte Darabos-Sprecher Stefan Hirsch. Der Minister sei nämlich "sehr überrascht und verwundert" über die Kritik, die "nicht Ausdruck eines hohen politischen Verständnisses ist". Anders als behauptet seien nämlich internationale Militäreinsätze für Darabos "sehr wichtig".

Hirsch wies diese Kritik entschieden zurück. So halte Darabos trotz des Sparbudgets auf einem hohen Niveau internationaler Einsätze mit 1.500 Soldaten fest. Während seiner Amtszeit sei die österreichische Truppenstärke in Bosnien-Herzegowina verdoppelt worden und Darabos habe auch gegen "massive öffentliche Kritik" den "gefährlichen Einsatz" des österreichischen Bundesheeres im Tschad "durchgesetzt". "Das hätte wahrscheinlich kein anderer Verteidigungsminister in der Zweiten Republik gemacht", betonte der Ministersprecher.

Möglicherweise bestehe ein Zusammenhang mit der Kritik des Verteidigungsministers an den früheren US-Raketenschildplänen und seiner "offenen Ablehnung gegen einen Afghanistan-Einsatz der österreichischen Truppen", sagte Hirsch. Man könne sich vorstellen, dass die Amerikaner "frustriert und enttäuscht sind, weil er offen Kritik am Raketenschild übt und den Afghanistan-Einsatz ablehnt". (red/APA)