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Borut Pahor hätte gern Barack Obama getroffen. Wer kann es ihm verdenken?

Foto: REUTERS/Eric Vidal

Ljubljana - Der slowenische Ministerpräsident Borut Pahor soll geradezu verzweifelt versucht haben, einen Besuchstermin bei US-Präsident Barack Obama zu bekommen. Dies geht aus Enthüllungen der Internetplattform Wikileaks hervor, die in Slowenien für großen Wirbel sorgen. So berichtet der US-Geschäftsträger in Ljubljana, Bradley Freden, in einer geheimen Depesche, Pahor habe in einem persönlichen Gespräch die Aufnahme eines Guantanamo-Häftlings durch Slowenien sowie einen Milliardenauftrag für den US-Konzern Westinghouse beim Ausbau des slowenischen Atomkraftwerks Krsko in Aussicht gestellt.

Das Gespräch soll Ende vergangenen Jahres in der US-Botschaft in Ljubljana stattgefunden haben. Schon diese Tatsache wurde von Experten mit ungläubigem Staunen aufgenommen. Es entspreche nämlich ganz und gar nicht den diplomatischen Gepflogenheiten, dass ein Regierungschef eine ausländische Botschaft aufsuche, "außer, wenn es sich um offizielle Empfänge handelt", erläuterte der Außenpolitikexperte Joze Kunic im Gespräch mit der slowenischen Nachrichtenagentur STA. "Vor allem geht aber ein Regierungschef niemals nur zum Geschäftsträger."

Truppenaufstockung für Afghanistan beschlossen

Einem weiteren Geheimdokument zufolge soll Pahor auch seinen Außenminister Samuel Zbogar eingespannt haben, um den ersehnten Fototermin mit Obama im Weißen Haus zu bekommen. Wie "Spiegel Online" unter Berufung auf Wikileaks berichtet, fragte Zbogar in Washington an, was Slowenien tun könne, damit ein solches Treffen zustande kommen könnte. Die US-Diplomaten hätten geraten, dass sich Slowenien stärker in Afghanistan engagiere (tatsächlich wurde vergangenes Jahr eine Truppenaufstockung beschlossen, Anm.). Intern sei aber dennoch klar gewesen, "dass die wichtigste bilaterale Priorität - ein Treffen von Premier Pahor mit Präsident Obama - unerreichbar bleiben könnte, auch wenn sie (die Slowenen, Anm.) alles machen würden, was wir von ihnen wünschen".

Die slowenische Opposition reagierte empört auf die Wikileaks-Enthüllungen. Ex-Premier Janez Jansa forderte eine Korruptionsanklage gegen seinen Nachfolger und fügte hinzu, dass er selbst "keine Probleme" gehabt hätte, einen Termin beim damaligen US-Präsidenten George W. Bush zu bekommen. Für den Chef der konservativen Volkspartei (SLS), Radovan Zerjav, erscheint nun auch die von Pahor betriebene Grenzeinigung mit Kroatien in einem ganz anderen Licht. Womöglich habe Pahor, der im Grenzstreit zunächst ein EU-Veto gegen das Nachbarland eingelegt hatte, auch wegen seines Wunsches nach einem Treffen mit Obama umgeschwenkt. Angesichts der Wikileaks-Enthüllungen "würden wir uns nicht wundern, wenn Pahor auch den slowenischen Zugang zum offenen Meer für einen kurzen Tratsch mit Obama eintauschen würde", sagte Zerjav.

Pahor wies Vorwürfe zurück

Pahor selbst wies die Vorwürfe entschieden zurück. Zwar sei er für die Aufnahme eines Guantanamo-Häftlings in Slowenien, doch solle dies aus prinzipiellen Gründen und "ohne Gegenleistung" erfolgen. Slowenien habe nämlich die Ankündigung von US-Präsident Obama begrüßt, das umstrittene Gefangenenlager auf Kuba zu schließen. "Ich würde mich schämen, wenn ich oder einer meiner Mitarbeiter jemandem sagen würde, dass wir einen Gefangenen aufnehmen werden, wenn wir im Weißen Haus empfangen werden", betonte der Sozialdemokrat. Zum angeblichen Angebot an den US-Konzern Westinghouse sagte Pahor, dass er keineswegs seine Befugnisse überschritten habe und alle Entscheidungen im Zusammenhang mit dem zweiten Reaktorblock in Krsko "transparent" getroffen werden.

Insgesamt sollen sich über 800 Wikileaks-Dokumente auf Slowenien beziehen. Die Londoner Zeitung "The Guardian" veröffentlichte am Freitag ein von US-Außenministerin Hillary Clinton im Vorjahr unterzeichnetes Dokument, in dem die Beschaffung von detaillierten Informationen über slowenische Spitzenpolitiker - bis hin zu Kreditkartendaten - angeordnet wird. Parlamentspräsident Pavel Gantar kann zumindest diesem Dokument etwas Positives abgewinnen. "Offenbar beschäftigen sie sich mit uns, also sind wir doch nicht so unbedeutet im Maßstab der Weltpolitik", kommentierte er das intensive US-Interesse an Slowenien. (APA)