Klein, aber teuer: 63.740 Euro für ein Tintenfass von Kolo Moser.

Foto: Dorotheum

Manches ließe sich vermeiden, anderes nicht: Die bei den Amerikanern beliebte Sparte Jugendstil ausgerechnet an Thanksgiving zu veranstalten (25.11.) kann wohl als besonders unglückliche Terminwahl bezeichnet werden. Nicht genug, durften allfällige Kunden dann auch noch keinesfalls in die Kategorie Morgenmuffel fallen (Auktionsbeginn MEZ 14.00 Uhr, EST 8.00 Uhr).

Immerhin, der im Halbschlaf absolvierte Kunstkauf konnte dann den Rest des Tages mit Familie und Freunden gefeiert werden. Vielleicht tat das auch jener Amerikaner, der sich ein kleines Tintenfass von Kolo Moser (Wiener Werkstätte) mit brutto 63.740 Euro ein Vielfaches der Taxe (25.000-35.000) kosten ließ. Zu den spendablen Nationen gehörten an diesem Tag aber auch Österreich (Gudrun Baudisch, Doppelkopf, WW, 32.020 Euro) oder Russland (Gio Ponti, Vase Donatella, Doccia, 27.140 Euro).

Ode an das Weiß

Knapp 832.000 Euro trug die Sparte - exklusive des dem Vernehmen nach brummenden Nachverkaufs - zur Gesamtbilanz (9,5 Mio. Euro) der vierten und letzten Auktionswoche des Jahres (22.- 26.11.) bei. Insgesamt waren die Verkaufsquoten nicht gerade berauschend, lediglich die Experten der klassischen Moderne (70 Prozent) und jene bei Armbanduhren (76 Prozent) durften sich an überdurchschnittlicher Nachfrage erfreuen. Den Titel "Höchster Zuschlag der Woche" beansprucht ein zeitgenössisches Kunstwerk für sich, konkret Agostino Bonalumis Ode an die Orange (Arancione, 1968), die für 202.800 Euro den Besitzer wechselte.

Damit schrammte das Dorotheum am Künstlerweltrekord vorbei, die vorerst noch der Liebe zu Weiß vorbehalten bleibt (Sotheby's, Februar 2010, Bianco, 253.746 Euro). Dennoch darf man sich in der Chefetage des Dorotheums über eine Bestleistung freuen: Die Bilanz wird zwar nur teilweise und auch erst in den nächsten Wochen veröffentlicht, gesichert ist aber, dass man das Geschäftsjahr mit einem Rekordumsatz beschließen wird. Allein die Umsätze aus den vier Auktionswochen beliefen sich auf 52,86 Millionen Euro und stiegen damit im Vergleich zu 2009 um stolze 40 Prozent (2009: 37,84 Mio.).

Ähnlich der Zuwachs "im Kinsky" , wo der Umsatz um 37 Prozent auf etwas mehr als 28 Millionen Euro stieg. Die diese Woche abgehaltene 82. Auktion (30.11.- 1.12.) trug dazu, inklusive der noch unter Vorbehalt erteilten Zuschläge, knapp 2,9 Millionen Euro bei. Hier führte man einen Kampf an anderer Front: Fünf Zentimeter Neuschnee und eine lahmgelegte Wiener Außenringautobahn verdonnerten einige Kunden dazu, ihre Gebote übers Telefon abzuliefern. Dem Eifer tat das glücklicherweise keinen Abbruch, bewilligte ein solcher Klient doch den höchsten Zuschlag des Abends: 39.600 Euro, für Dagobert Peches Phantasiegeschichte. (kron / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4./5.12.2010)