Bereits im Mittelalter stand an der Stelle des heute als Justizanstalt genutzten Schlosses eine Burg. Deren Besitzer, die Herren von Himberg-Ebersdorf, mussten ihre Burg 1499 an die Habsburger übergeben.

Foto: Copyright: Stadtarchäologie Wien

Der äußere Wassergraben der Burg.

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Ein Gebäudekomplex in der Kaiser-Ebersdorfer-Straße 297 gehört zu den fast vergessenen Kulturperlen Wiens. Kein Wunder: Eine Besichtigung des Schlosses Kaiserebersdorf ist nur noch unter "ungünstigen" Umständen möglich: Seit den 1920er-Jahren wird es als Gefängnis genutzt, dicke Schlösser verschließen die Räume vor der Öffentlichkeit. Doch bereits im Mittelalter stand an der Stelle des heute als Justizanstalt genutzten Schlosses eine Burg. Eine Ausstellung der Stadtarchäologie Wien erzählt nun von der wechselvollen Geschichte: "Schloss Kaiserebersdorf. Vom Adelssitz zur Justizanstalt".

Das Gebäude wurde für die jeweiligen Zwecke umgestaltet: Das heutige Erscheinungsbild ist Ergebnis einer Jahrhunderte dauernden Bautätigkeit. Die Stadtarchäologie Wien entdeckte in den 1990er-Jahren Reste einer mittelalterlichen Burg als Vorgängerbau des Schlosses. Die Baumaterialien ermöglichten es zudem, das Alter der Mauern zu bestimmen. Die Ursprünge des Schlosses Kaiserebersdorf liegen demnach im Jahr 1162. Damals schenkte Kaiser Friedrich I. Barbarossa einem Konrad de Prato ein Gut, das sich zwischen Schwechat und der Donau befand. Auf diesem Areal entstand eine Burg, die in den Besitz der Herren von Himberg kam. Aus dieser Zeit konnten bei den Ausgrabungen aber nur noch wenige Spuren gefunden werden.

1243 tauschte Konrad von Himberg mit Herzog Friedrich II. seinen Anteil an der Herrschaft Himberg und nannte sich in der Folge auch Konrad von Himberg-Ebersdorf. "Umfang und Aussehen der mittelalterlichen Burg lassen sich nur in Ansätzen rekonstruieren, ab dem beginnenden 16. Jahrhundert wird unser Bild jedoch deutlicher", berichtet die Stadtarchäologie Wien. Die Herren von Himberg-Ebersdorf mussten ihre Burg 1499 an die Habsburger übergeben.

Exotische Tiere in Wien

Zu einem umfangreichen Ausbau kam es ab 1550 unter Ferdinand I. Ein Jahr später wurde erstmals ein Tiergarten in schriftlichen Aufzeichnungen genannt. Das erste Tiergehege in Ebersdorf war für Wölfe vorgesehen, die vermutlich zur Jagd gehalten wurden. In der Menagerie des Schlosses, die im 16. Jahrhundert entstanden sein dürfte, wurden Löwen, Luchse, Bären und Strauße gehalten. Das erste exotische Tier in Wien war ein indischer Elefant, den der spätere Kaiser Maximilian II. als Hochzeitsgeschenk aus Spanien mitgebracht hatte. Mit der Unterwerfung von Raubtieren betonten die Adeligen ihren eigenen Machtanspruch. 1607 wurde die Menagerie wegen zu hoher Kosten aufgelassen.

Im barocken Stil wiederaufgebaut

Während der Zweiten Türkenbelagerung 1683 brannte das Schloss ab. Leopold I. gab von 1687 bis 1689 für die Wiedererrichtung 136.000 Gulden aus. Das Schloss entstand jedoch nicht wieder in seiner Ursprungsform, sondern im barocken Stil. Die Initialen von Leopold I. lassen sich noch heute auf dem Doppeladler über dem Hauptportal finden.

Das besonders zu Jagdzeiten aufgesuchte Schloss verlor im Laufe des 18. Jahrhunderts zunehmend an Bedeutung. 1745 überließ es Maria Theresia dem Domherrn Franz Xaver Marxer als Unterkunft für Arme und Waisen. Ab 1773 wurde es als Artilleriekaserne genutzt. Im Zusammenhang mit seiner Nutzung erfuhr das Gebäude einige Adaptionen, etwa mit neuen Treppenhäusern und dem Bau eines Abwasserkanals. Möglicherweise stammt aus dieser Zeit auch ein Friedhof, der archäologisch nachgewiesen wurde.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts diente das Schloss als Militärkaserne bzw. -spital. Von 1883 bis 1918 beherbergte es das k. u. k. Monturdepot, in dem militärische Bekleidung gelagert wurde. Ab 1921 war im Schloss wechselweise eine Jugendstrafanstalt und eine Bundesanstalt für Erziehungsbedürftige untergebracht. Seit 1975 ist es eine Strafvollzugsanstalt. "Nur noch das Hauptportal und der barocke Stuckdekor der Kapelle lassen den Glanz der ehemaligen Jagdresidenz der Habsburger erahnen", berichten die Stadtarchäologen. (Julia Schilly, derStandard.at, Dezember 2010)