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Kasachstans Präsident Nursultan Nasarbajew (li.), derzeitiger OSZE-Vorsitzender, und Russlands Präsident Dmitri Medwedew in Astana. Moskau verhinderte ein substantielles Gipfelergebnis.

Foto: AP/Wijngaert

Russland verhinderte einen Aktionsplan, Italiens Premier irritierte mit Lobgesängen auf den autoritären Gastgeber.

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Bis zum Schluss wollte der auf Plakaten beschworene "Geist von Astana" nicht so recht wehen. Mehrmals musste Kasachstans Präsident Nursultan Nasarbajew am Donnerstag seine Abschlusspressekonferenz zum OSZE-Gipfel um Stunden verschieben. Nach ein Uhr früh konnte er schließlich, im Medienzentrum mit Applaus begrüßt, verkünden, dass der "Geist von Astana den Geist von Helsinki bereichern" werde.

Das war eine Umschreibung dafür, dass sich die 56 Mitgliedstaaten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa nach langem Ringen nur auf einen Minimalkonsens einigen konnten. Statt des bereits im Entwurf vorliegenden Aktionsplans zur Lösung der sogenannten eingefrorenen Konflikte und zur Reform der OSZE wurde nur die "Erklärung von Astana" beschlossen.

Darin bekennen sich die Staaten zur Vision einer freien, demokratischen, gemeinsamen und unteilbaren euro-atlantischen und eurasischen Sicherheitsgemeinschaft gemäß den Prinzipien der KSZE-Schlussakte von Helsinki 1975 und der Pariser Charta von 1990.

Mehr müsse getan werden, um die eingegangenen Verpflichtungen und Prinzipien zu erfüllen, in allen drei Dimensionen - politisch-militärisch, wirtschaftlich und im Umweltbereich sowie im humanitären Bereich, "besonders auf dem Gebiet der Menschenrechte und der Grundfreiheiten" .

"Keine einfachen Tage"

Nasarbajew meinte vor der Presse, man habe nun den Grundstein für einen gemeinsamen europäisch-asiatischen Sicherheitsraum gelegt, und das sei das Verdienst des Vorsitzes. Es seien "keine einfachen Tage" , die Dikussion sehr lebhaft gewesen. Damit spielte er auf den - letztlich erfolgreichen - Widerstand Russlands gegen einen Aktionsplan speziell zu den eingefrorenen Konflikten an.

Vor allem zu Georgien gab es ein absolutes Njet Moskaus: Es würde keiner Schlusserklärung zustimmen, in dem der Konflikt auch nur erwähnt werde. Erfolglos forderten die USA, die EU und Deutschland, aber auch Österreich OSZE-Beobachter auf dem gesamten georgischen Territorium, also auch in den abtrünnigen Regionen Südossetien und Abchasien. Diese aber werden von Russland als unabhängige Staaten anerkannt. Moskau forderte seinerseits die völkerrechtliche Anerkennung, bevor es einer OSZE-Mission in den beiden Regionen zustimme.

Die unverändert harte Frontstellung zwischen Moskau und Tiflis war schon bei den Auftritten der beiden Präsidenten offenkundig geworden. Dmitri Medwedew und Michail Saakaschwili verließen jeweils bei der Rede des anderen den Saal. Besonders deutlich wurde die Dramatik im Gipfelfinale durch einen Auftritt des italienischen Premiers Silvio Berlusconi, der den Ernst der Lage unterstreichen sollte, aber bizarr bis peinlich geriet - und zudem die vorangegangenen, teils sehr offenen Worte westlicher Kollegen zu den Menschenrechtsdefiziten konterkarierte.

Nach Ende der Rednerliste erteilte Nasarbajew Berlusconi, der sich offenbar selbst noch einmal hineinreklamiert hatte, das Wort. Der Gipfel müsse ein Signal des Optimismus aussenden, "die Bürger erwarten das von uns" , sagte der Cavaliere, um dann zu einer Eloge auf den Gastgeber anzusetzen. Alle seien beeindruckt vom "Wunder von Astana" , der seit rund zehn Jahren aufgebauten neuen Hauptstadt Kasachstans. "Ich war Unternehmer und habe selbst einige Städte aus dem Boden gestampft. Du, geschätzter Präsident, hattest den Mut, dieses großartige Werk auf die Beine zu stellen."

US-Außenministerin Hillary Clinton hatte am Vortag auf verfolgte Journalisten und unliebsame NGOs hingewiesen. Es genüge nicht, Wahlen abzuhalten, sie müssten auch echte Wahlmöglichkeiten bieten. Die OSZE-Beauftragte für Medienfreiheit, Dunja Mijatović, wies auf die zunehmende, auch physische Gefahr für Journalisten in vielen Mitgliedsländern hin. "Ich hoffe, dass alle Mitglieder die Bedeutung freier Medien anerkennen, das ist die Essenz der OSZE." Eine Antwort hatte schon die Astana Times gegeben. Vor Gipfelbeginn erschienen Interviews mit allen Sonderbeauftragten der OSZE - außer Mijatović. (Josef Kirchengast aus Astana/DER STANDARD, Printausgabe, 3.12.2010)