Der Verein Vobis setzt sich für eine bessere Lebenssituation von AsylwerberInnen in Kärtnen ein. Neben Veranstaltungen zur Förderung der interkulturellen Begegnung bietet das Team unentgeltliche Deutschkurse in den Flüchtlingspensionen an. Der Zutritt in die Pensionen wird jedoch seit einigen Monaten von der Landesregierung untersagt. daStandard.at interviewte Vereinsmitglied Laura Ippen.
daStandard.at: Seit 2008 bietet Vobis gratis Deutschkurse für AsylwerberInnen in Kärnten, jetzt werden die Kurse in den Flüchtlingspensionen seitens der Landesregierung untersagt. Wie kam es dazu?
Laura Ippen: In Kärnten herrscht - im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern - ein von der Landesregierung verhängtes allgemeines Zutrittsverbot zu den Flüchtlingspensionen. Bisher waren die Unterrichtenden von Vobis davon ausgenommen. Nun wurde aus nicht nachvollziehbaren Gründen das Verbot auch auf uns ausgeweitet.
Seit wann gilt das Verbot?
Ippen: Das Verbot wurde zu Beginn des Sommers (Juni/Juli) nicht direkt an uns ausgesprochen, sondern nach und nach in den Pensionen verbreitet. Wir von Vobis haben es nicht von der Landesregierung, sondern zuerst von den PensionsinhaberInnen erfahren, dass wir die Pensionen nicht mehr betreten dürfen und damit die Deutschkurse nicht mehr stattfinden können.
Wie argumentiert die Landesregierung das Verbot?
Ippen: Es gab offenbar keine einheitliche Begründung. Die InhaberInnen der Pensionen, in denen wir regelmäßig Deutschkurse abgehalten haben, sagten uns, sie wissen selber nicht genau, warum sie uns nicht mehr hineinlassen dürfen.
Warum kam es gerade jetzt dazu? Gab es Anzeichen dafür?
Nein, es gab überhaupt keine Anzeichen. Das Verbot kam für uns alle völlig überraschend aus heiterem Himmel. Im Gegenteil, wir ernteten sowohl von den TeilnehmerInnen, als auch von den PensionsinhaberInnen durchwegs positive Rückmeldungen.
Vobis hat bereits einige Preise bekommen, zuletzt das Europäische Spracheninnovationssiegel. Wie fühlt man sich, wenn man einerseits für das Projekt ausgezeichnet wird, und andererseits das Projekt nicht fortsetzen darf?
Ippen: In erster Linie bedauern wir diese absurde Situation, weil sie letztlich positive Entwicklungen verhindert und bisher alle - inklusive der Landesregierung - von unserem in der Praxis so erfolgreichen Konzept nur profitiert haben: Die erweiterten Deutschkenntnisse erleichterten den AsylwerberInnen und ihrem Umfeld Alltagshandlungen bzw. den alltäglichen Kontakt oder ermöglichten vielfach erst ein Miteinander. Uns Lehrenden wurden im Rahmen der interkulturellen Begegnungen mit unseren SchülerInnen Blicke über den "nationalen Tellerrand" hinaus gewährt, was wir in vielerlei Hinsicht als sehr bereichernd empfanden. Und sogar seitens der Landesregierung gab es ursprünglich positive Resonanz.
Die Kurse, die Sie extern, also nicht in den Pensionen abhalten, dürfen ja weiterhin bestehen. Bietet die Landesregierung Alternativen zur Abhaltung der Pensionskurse an anderen Orten?
Ippen: Die VertreterInnen der Landesregierung resp. des Flüchtlingsreferats haben leider seit Verhängung des Verbots weder das Gespräch mit uns gesucht, noch auf unser Bemühen um ein Gespräch reagiert. Deshalb gibt es bisher zwischen uns und der Landesregierung keinen Austausch über etwaige Alternativen oder Zukunftsperspektiven. Die Kurse, die jedoch nicht in den Pensionen abgehalten werden, laufen weiter.
Ihre Arbeit und die ihrer Kolleginnen ist ehrenamtlich. Wie finanzieren Sie die zu deckenden Kosten wie Unterrichtsmaterialien, Fahrtkosten, etc.?
Ippen: Ausschließlich aus Spenden, Mitgliedsbeiträgen, Preisgeldern und den Erlösen von Benefizveranstaltungen.
Wer sind die Unterrichtenden?
Ippen: Die Unterrichtenden sind mehrheitlich Studentinnen der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, dort vor allem aus dem Bereich Deutsch als Fremd- bzw. Zweitsprache, aber auch Studierende anderer Fachrichtungen, sowie Personen jeden Alters, unterschiedlicher Berufszweige, die auf anderen Wegen auf unseren Verein gestoßen sind und sich nun als Unterrichtende bei uns engagieren.
Wie gehen Sie nun weiter vor? Gibt es Hoffnung, dass das Verbot wieder aufgehoben wird?
Ippen: Wir sind dabei, Alternativen zum bisherigen Kernkonzept zu entwickeln, die dazu beitragen, die Lebenssituation von AsylwerberInnen in Kärnten zu verbessern, sei es die Fortsetzung der Deutschkurse in anderen Räumlichkeiten, seien es Projekte, die vermehrt interkulturelle Begegnungen ermöglichen und so die Chance bergen und Möglichkeiten eröffnen, gegenseitig bestehende Ressentiments abzubauen und anstatt eines Nebeneinanders oder gar Gegeneinanders, ein ambitioniertes miteinander anzuvisieren.
Solange es AsylwerberInnen in Kärnten gibt, die Unterstützung brauchen und Menschen, die (ehrenamtlich) unterstützen möchten, arbeiten wir natürlich weiter. Und da wir uns bisher nichts haben zu Schulden kommen lassen, was das Aufenthaltsverbot in den Pensionen rechtfertigen würde, geben wir auch die Hoffnung nicht auf, dass dieses Verbot wieder aufgehoben wird. (Jasmin Al-Kattib, 1. Dezember 2010, daStandard.at)