Wien - Die Verlagerung des Straßenstrichs von Wohngebieten zu speziell definierten Straßenzügen - das war das Ziel eines sechsmonatigen Feldversuchs in Wien. Eine erste Bilanz fällt laut Stadt ernüchternd aus: Der Versuch sei "wenig erfolgreich" verlaufen, hieß es am Mittwoch in einer Aussendung der zuständigen Stadträtin Sandra Frauenberger. Gut angenommen wurde hingegen die örtliche Betreuung.
Teil des Pilotprojekts war der Versuch, die Straßenprostitution aus dicht besiedelten Wohngebieten in zwei ausgewählte Straßenzüge im 15. Bezirk - etwa hinter das Technische Museum - zu verlagern. Dieser Feldversuch war Teil eines 7-Punkte-Programms, das unter anderem folgende Maßnahmen umfasst: Hilfe für AnrainerInnen durch ein professionelles Beschwerdemanagement, die verstärkte Kontrolle von Schutz- und Verbotszonen durch die Polizei, Hilfe für Opfer von Frauenhandel und Sensibilisierung der Freier. Auch sozialarbeiterische Betreuung der Prostituierten gehört dazu.
Nun wurden die Ergebnisse ausgewertet. Gut angenommen worden sei das professionelle Beschwerdemanagement vor Ort durch das Projekt "Sophie mobil". Eine Hotline, persönliche Gespräche mit den AnrainerInnen und Interventionen haben demnach einen "spürbaren Beitrag" zur Deeskalation geleistet, wurde versichert. Auch die verstärkte Präsenz der Polizei habe sehr zur Entlastung der betroffenen Straßenzüge während der hochfrequentierten Sommermonate geführt.
Nicht funktioniert hat hingegen der Plan, den Straßenstrich zu verlagern. Weder sozialarbeiterische Interventionen noch der verstärkte Einsatz der Polizei in den Schutz- und Verbotszonen hätten hier zum gewünschten Erfolg geführt, berichtete Frauenberger: "Auf Wunsch des Bezirkes hat die Stadt alle Anstrengungen unternommen, um die Straßenprostitution aus dem Wohngebiet in definierte Straßenzüge zu bringen. Nach halbjähriger Laufzeit ist allerdings festzustellen, das eine Verlagerung der Straßenprostitution mit kommunalpolitischen Mitteln nicht möglich ist." Man werde nun daran arbeiten, hier eine Lösung zu finden. Zunächst sollen die Berichte aller am 7-Punkte-Programm beteiligten Institutionen und Einrichtungen gesammelt und ausgewertet werden. Diese Bilanz werde letztlich auch Basis für das neue Wiener Prostitutionsgesetz sein, hieß es.
LEFÖ-Pilotprojekt
Das Pilotprojekt des Vereins LEFÖ "Frauenhandel-Expertise für Sexarbeiterinnen" - ebenso Teil des 7-Punkte-Programms - wurde mit Ende November abgeschlossen. Mittels gezielter aufsuchender Streetwork und Workshops, wurde Prostituierten Expertise über Frauenhandel, dessen Wirkmechanismen und Unterstützungsmöglichkeiten vermittelt. Damit wurden die teilnehmenden Frauen zu Multiplikatorinnen und zu potenziellen Unterstützerinnen von Betroffenen des Frauenhandels. Sie finden leichter Zugang zu Zwangsprostituierten und können dadurch gezielt helfen. Die Erfahrungen bzw. Ergebnisse dieses Projekts werden in den nächsten Wochen ausgewertet.
Das Thema Prostitution sei jedoch eine sehr komplexe Materie. Maßnahmen zur Verbesserung der Situation seien daher nicht nur im gesetzlichen, sondern auch im frauenpolitischen, gesundheitspolitischen und arbeitspolitischen Bereich zu verankern. "Das Land Wien hat nicht in allen Bereichen Regelungskompetenz. Insbesondere für die gesundheits- und arbeitsrechtlichen sowie die allgemeinen sicherheitspolizeilichen Regelungen der Prostitution ist der Bundesgesetzgeber zuständig", betonte die Ressortchefin. Ihre Forderung lautet: "Die Sittenwidrigkeit der Prostitution muss aufgehoben werden, damit Prostitution als Gewerbe in selbstständiger Ausübung möglich wird." Dies würde zu einer erheblichen Verbesserung der Arbeitssituation und zu mehr Rechtssicherheit von Prostituierten führen, zeigte sich Frauenberger überzeugt. (APA/red)