Wien - Wirklich helfen könne sie den vielen Beschwerdeführern nicht, die sich wegen der Härten in Einbürgerungsverfahren seit 2007 in großer Zahl an sie wenden, erläutert Volksanwältin Terezija Stoisits. Die Schwierigkeiten dabei, Österreicher zu werden, hätten nicht mit "Missständen in der Verwaltung", sondern ganz direkt mit dem Staatsbürgerschaftsgesetz selbst zu tun, das 2006 und 2010 massiv verschärft wurde.

So sehr, dass selbst im Inland Geborene - die laut Statistik Austria inzwischen 40 Prozent aller Staatsbürgerschaftsantragsteller ausmachen - um ihre Chance auf den Ösi-Pass zittern müssten: "Zu mir kommen Studierende, die ihr ganzes Leben in Österreich verbracht haben, aber realistisch erst nach Abschluss ihres Studiums, eingebürgert werden können, weil sie erst dann einen Job finden können, der genug Geld für den verlangten Einkommensnachweis einbringt", berichtete Stoisits bei einem Hintergrundgespräch anlässlich des Symposiums "Staatsbürgerschaftsrecht" der Volksanwaltschaft am Dienstag.

Toleranz bei Fristen

Eine von Stoisits' "legistischen Anregungen" daher: Unverschuldete finanzielle Notlagen durch Krankheit, Behinderung oder auch Jobverlust sollten kein Hinderungsgrund für eine Einbürgerung mehr sein - so, wie es vor den vergangenen zwei Gesetzesnovellen war. Und auch bei Fristen, die Antragsteller in der Vergangenheit versäumt haben, solle wieder Toleranz einkehren.

Denn auch hier habe der mangelnde Ermessensspielraum der vollziehenden Behörden "unglaubliche Härtefälle" zur Folge, berichtete Beatrix Hornschall, Leiterin der Wiener Fremdenbehörde MA35. "Hat ein Ausländer vor Jahren einen Aufenthaltsbewilligungs-Verlängerungsantrag um ein paar Tage zu spät eingereicht - was toleriert wurde -, gilt seine Niederlassung für seinen Staatsbürgerschaftsantrag unter Umständen als unterbrochen. Er muss dann von Neuem zehn Jahren warten".

Die Zahl der Einbürgerungen in Österreich ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken, pro Jahr um rund je ein Viertel, Von Jänner bis inklusive September 2010 wurden 4310 Menschen Österreicher. (bri, DER STANDARD Printausgabe 1.12.2010)