Graz - Im Grazer Straflandesgericht nahm der Prozess um die Leasing-Affäre der Hypo-Steiermark am Dienstag eine überraschende Wendung: Der angeklagte Ex-Manager, der zusammen mit seinem ehemaligen Prokuristen einen Schaden von 53,6 Mio. Euro verursacht haben soll, will nun zumindest teilweise unzurechnungsfähig gewesen sein. Damit wäre er für die riskanten Geschäfte im süd- und osteuropäischen Raum nicht mehr verantwortlich.

Zunächst unterschied sich dieser Prozesstag nicht wirklich von den vorangegangenen, die seit April in mehr oder weniger großen Abständen stattgefunden hatten. Die Zuschauerplätze leer, etwas Small-Talk der Beteiligten, der Sachverständigte schenkte wie immer Mineralwasser an alle aus. Doch als bekannt wurde, dass der Verteidiger des angeklagten Ex-Managers, Harald Christandl, ein Gutachten beantragt, das die Unzurechnungsfähigkeit seines Mandanten bescheinigen soll, kam plötzlich Leben in die Verhandlung.

"Fehlender Realitätsbezug"

Der Beschuldigte soll aufgrund eines "fehlenden Realitätsbezuges" in den Jahren 2000 bis 2005 zumindest nur teilweise für seine Taten verantwortlich sein. "Stresssymptome" sollen Schuld an den "Ausfällen" gewesen sein. "Was waren die Anzeichen dafür?", wollte Staatsanwalt Wolfgang Redtenbacher wissen. Gegen diese Frage wehrte sich der Verteidiger. "Er hat aber einer Untersuchung zugestimmt", meinte der Ankläger. "Ja, durch einen Arzt, nicht durch Sie", konterte der Anwalt.

Der Ex-Manger schilderte aber dann doch, dass er Schlafstörungen gehabt habe, Magenbeschwerden, Angstzustände und sich außerdem von einem seiner Vorgesetzten gemobbt gefühlt habe. Streitereien wegen eines nicht bewilligten Urlaubs sollen letztlich auch dazu geführt haben, dass der Angeklagte das Arbeitsverhältnis beendet hatte. Aber möglicherweise hätten eben diese Umstände zu Fehlentscheidungen aufgrund einer Art Burn-out geführt, so der Befragte.

Wenn alles nach Plan läuft, könnte in zwei Tagen (2.12.) bereits ein psychiatrischer Sachverständiger geladen werden, der sich den Angeklagten dann näher anschauen soll. Als weiterer Verhandlungstermin wurde auch der 13. Dezember bereits ins Auge gefasst. Von einem Urteil ist vorläufig aber noch keine Rede.(APA)