Wenn Sprechen nicht möglich ist, sind spezielle Kommunikationsgeräte für Betroffene eine große Unterstützung.

Foto: Klinger/Diakonie

Haben Sie schon einmal versucht, in Wien ein Geschäft zu suchen, um dort ein Souvenir zu kaufen? Ein einfaches Unterfangen. Vorausgesetzt, man kann sich mittels Sprache verständlich machen. Doch was, wenn man nicht richtig sprechen kann, zum Beispiel nach einem Schlaganfall?

Ein älterer Herr vor einer Buchauslage schaut die Frau, die ihn da so unvermittelt am Ärmel zupft freundlich an. Sie bedeutet ihm, dass sie nicht sprechen kann und formt mit ihren Lippen mehrmals das Wort "Souvenir". Mitleidig schaut er sie an: "Ich verstehe Sie leider nicht." Weitere Versuche enden mit ähnlichen Ergebnissen.

Technische Helferlein

Ein Gefühl der Verzweiflung kommt in einem auf, wenn man seine Wünsche und Bedürfnisse nicht wie gewohnt verbalisieren kann, wenn niemand einen versteht. Wie einen Rettungsreifen empfinden Betroffene in solchen Fällen technische Hilfsgeräte, die eingetippte Sätze dem Vis-à-Vis anzeigen und laut vorsagen. Auf diese Art befragt, wird der Frau von einem Passanten rasch der Weg zum nächsten Souvenirladen gedeutet. Der Verkäufer dort schaut zwar erst etwas seltsam, was die Frau vor ihm in das Kastl eintippt, erläutert ihr aber dann bereitwillig sein Angebot.

Die "Sprachlosigkeit" war in diesem Fall nur gestellt. Teil eines Experiments, zu dem die Diakonie -Einrichtung LifeTool den Standard eingeladen hatte. Um zu verdeutlichen, um wie viel schwieriger das Leben von Menschen mit Behinderungen im Alltag abläuft und wie hilfreich sich so genannte assistierende Technologien für sie erweisen. Doch diese Hilfen sind oft sehr teuer und anders als etwa bei Krücken müssen die Betroffenen oft für Finanzierungshilfe einen Hürdenlauf bei den Behörden bewältigen.

Kein Einzelfall

In Österreich leben etwa 630.000 Menschen mit Behinderungen. Die Geschichte von Max, die Martina Ranner von der Wiener LifeTool-Stelle erzählt, ist daher kein Einzelfall. Der Sechsjährige kann aufgrund seiner Behinderung, einer spastischen Tetraplegie, Arme und Beine nur schwer bewegen und nicht sprechen. Mit Spezialhardware und Lernprogrammen entwickelten die Berater von LifeTool eine Lösung, mit der der Bub sein Zahlenverständnis unter Beweis stellen und erlernte Buchstaben tippen kann. Für Max tut sich damit eine neue, kommunikative Welt auf.

Der Versuch von Max' Familie, finanzielle Unterstützung für den Kauf eigener Geräte im Wert von mehreren tausend Euro für zuhause anzuschaffen, scheiterte nach monatelangem Warten.

Wenn keine andere Finanzierung mehr möglich scheint, springt in solchen Fällen seit einem Jahr der gemeinsam von Verbund und Diakonie gegründete Empowerment Fund ein. Der Wunsch des Projekts zum ersten Jahrestag: Ein gesetzlicher Rechtsanspruch auf assistierende Technologien, wie es in anderen Ländern schon der Fall ist. (Karin Tzschentke, DER STANDARD/Printausgabe, 26.11.2010)

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