London/Wien - Auch niedrig dosiertes Aspirin (Acetylsalicylsäure - ASS) hat einen vor Dickdarmkarzinomen schützenden Effekt. Das hat eine Studie ergeben, in der britische Wissenschafter den Effekt der Einnahme von ASS über einen Zeitraum von 20 Jahren hinweg analysierten. Die Untersuchung von Peter Rothwell (Abteilung für Präventionsforschung am Headington-Spital in Oxford) und seinen Co-Autoren wurde vor wenigen Tagen in der britischen Fachzeitschrift "The Lancet" publiziert.

"Diese interessante Studie könnte Kliniker zur primären Prävention von Darmkrebs mit Aspirin motivieren - zumindest bei Personengruppen mit einem hohen Risiko", lautet ein Satz, der sich auf der Titelseite der angesehenen Medizin-Zeitschrift (20. November) findet. Für Aspirin in hoher Dosis (500 oder mehr Milligramm pro Tag) war schon seit längerem bekannt, dass es das Entstehen von Dickdarmkarzinomen verhindern kann. Doch solche Dosierungen sind vor allem wegen der Gefahr von Magenproblemen (Blutungen) verpönt. In der Herzinfarkt-Prophylaxe reicht die tägliche Einnahme von 50 bis 100 Milligramm ASS aus. Damit - und zum Beispiel mit der Verwendung von Pillen, die magensaftresistent sind - vermeidet man diese potenziellen Probleme. Die Frage war also, ob man mit diesem Regime (ASS in niedriger Dosierung) auch Karzinome auf praktikable Weise verhindern könnte.

Sechs Jahre im Schnitt

Die Wissenschafter analysierten die Daten von mehr als 14.000 Probanden, die an Aspirin-Studien teilgenommen hatten. Dabei handelte es sich um Untersuchungen, die vor allem einen Effekt bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen zeigen sollten. Durchschnittlich hatten die Testpersonen rund sechs Jahre lang eingenommen. Bezüglich des Karzinomrisikos betrug die Beobachtungszeit im Durchschnitt mehr als 18 Jahre.

Die Hauptergebnisse: Auf 20 Jahre gerechnet reduzierte die tägliche Einnahme von 75 Milligramm des Aspirin-Wirkstoffes die Häufigkeit des Auftretens von Darmkrebs um 24 Prozent, die Sterblichkeit daran um 35 Prozent. Bei Enddarmkrebs gab es keinen statistisch signifikanten Effekt. Eine tägliche Dosis von mehr als 75 Milligramm ASS brachte keinen zusätzlichen Nutzen. Die schützende Wirkung war in Darmabschnitten am größten, die bei Routineuntersuchungen per Koloskopie (Darmspiegelung) nicht überprüft werden, schrieben die Autoren der Studie.

Koloskopie trotzdem empfohlen

Die Ursache für die Wirkung von ASS dürfte in der erzielten Hemmung des Enzyms Cyclooxygenase liegen. Dieses wirkt auch entzündungsfördernd, in Sachen Herz-Kreislauf ist es an der Aktivierung von Blutplättchen und somit an der möglichen Entstehung von Blutgerinnseln beteiligt. Weiterhin die wichtigste Gegenmaßnahme bleibt aber die vorsorgliche Untersuchung auf Dickdarmpolypen, aus denen im Laufe von mehreren Jahren Karzinome entstehen können. Das erfolgt per Koloskopie. Routinemäßig empfohlen wird sie ab dem 50. Lebensjahr - alle sieben bis zehn Jahre. (APA)