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Die Botschaft von Premierminister Brian Cowen ist klar: Securing Irelands Future - Irlands Zukunft sichern. Erreichen will er das Ziel mit einem 15-Milliarden-Euro-Sparpaket.

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Die irische Regierung will die Mindestlöhne senken und mehr Geld bei der Einkommens- und Mehrwertsteuer eintreiben. Die Unternehmenssteuer bleibt unangetastet, was die Gewerkschaft des Landes auf die Barrikaden treibt.

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Dublin/London - Die irische Regierung hat am Mittwoch ihr Sparpaket für die kommenden vier Jahre im Umfang von 15 Mrd. Euro vorgestellt. Die Senkung der Sozialausgaben, Erhöhung der Mehrwertsteuer sowie tiefe Einschnitte in die Staatsausgaben gelten als Voraussetzung für die Rettung vor dem Staatsbankrott durch EU und Internationalen Währungsfonds (IWF). Premierminister Brian Cowen bezeichnete die im Raum stehende Hilfe von 85 Milliarden Euro als "Überziehungskredit" , den die Regierung nicht vollständig in Anspruch nehmen wolle.

Zu den hervorstechenden Maßnahmen des Sparpakets zählen die Senkung des Mindestlohns um einen Euro auf 7,65 Euro pro Stunde sowie die Senkung des Einkommensteuer-Freibetrages. Während bisher 45 Prozent der Erwerbstätigen keine Einkommensteuer zahlen, wird ihr Anteil in Zukunft auf rund 35 Prozent fallen. Die Mehrwertsteuer steigt 2011 um einen Prozentpunkt auf 22 Prozent; 2014 dann auf 23 Prozent.

Der 160-seitige Sparplan sei mit der EU-Kommission in Brüssel und der Europäischen Zentralbank abgesprochen, versicherte Finanzminister Brian Lenihan

Zwei Drittel der Haushaltskorrekturen sollen durch Kürzungen von Staatsleistungen erreicht werden, ein Drittel durch Steuererhöhungen. Dazu zählt auch eine neue Steuer auf Grundbesitz und Immobilien. Die niedrige Unternehmenssteuer von 12,5 Prozent bleibt hingegen unangetastet. Besonders US-Investoren hatten die Regierung eindringlich davor gewarnt, an dieser Steuerschraube zu drehen. Hingegen ist der ultra-niedrige Steuersatz vielen EU-Partnern seit langem ein Dorn im Auge. Mittwoch verlangten die EU-Abgeordneten der vier größten Fraktionen in einer gemeinsamen Erklärung, dass die Unternehmenssteuer in allen Staaten der EU mindestens 25 Prozent betragen müsse.

Bis 2014 rechnet Dublin mit durchschnittlich 2,75 Prozent Wachstum, was unabhängige Ökonomen für sehr optimistisch halten. Die Arbeitslosigkeit werde bis 2014 unter zehn Prozent sinken; derzeit ist sie über 14 Prozent. Junge Leute verlassen gerade zu Zehntausenden die grüne Insel, um ihr Heil in Übersee zu suchen.

Zustimmung ungewiss

Die Opposition hat sich zu den Sparzielen der Regierung bekannt, aber offengelassen, ob sie dem für 7. Dezember geplanten Haushalt zustimmen wird. Nachdem der grüne Koalitionspartner Cowen abgesprungen ist, muss der Premier zu Jahresbeginn die Präsidentin um Neuwahlen bitten. Angesichts der Stimmung in der Bevölkerung ist keineswegs gesagt, dass die Regierung so lange überlebt. Die Gewerkschaften rufen fürs Wochenende zu Demos auf. Gewerkschafts-Boss Jack O'Connor bezeichnete den Sparplan als "Wegweiser in die Steinzeit" und eine "Kriegserklärung an Geringverdiener".

An der Dubliner Börse kam es zu Panikverkäufen von Bank-Aktien. Zahlreiche Ökonomen wie Brian Lucey vom Dubliner Trinity College halten die Zerschlagung der maroden irischen Banken für die wesentlich wichtigere Aufgabe der Regierung als immer neue Sparpläne. Seit Beginn der Finanzkrise ist die Wirtschaft des einstigen keltischen Tigers um 15 Prozent geschrumpft; die Gehälter im öffentlichen Dienst für Krankenschwestern, Lehrer und Beamte sanken um bis zu 20 Prozent. (Sebastian Borger aus London, DER STANDARD, Printausgabe, 25.11.2010)