Performance auf Papier: Collage von Carola Dertnig in der Schau "Poésie Sonore": "Canon Club goes East" (2010).

Foto: Galerie Huber

Wien - "The body is a soundfactory", sagte der französische Dichter, Grafiker und Musiker Henri Chopin, der als Erfinder der Lautpoesie - der "Poésie Sonore" - gilt. In den 1950er Jahren wurde der Künstler mit Klang- und Bildwerken bekannt, in denen er die Sprache von ihrer Gebrauchsfunktion zu befreien und zurück an den Körper zu binden versuchte.

Chopins lautpoetische Experimente beruhen unter anderem auf dem Abhören von Körpergeräuschen mit Mikrosonden. Daneben hat der noch gar nicht so lange wiederentdeckte Künstler auch Schreibmaschinengedichte geschrieben, in denen er sprachliche Zeichen für optische Spielereien und geometrische Formationen verwendet hat. Die Ausstellung in den neuen Räumen der Galerie in der Schleifmühlgasse zeigt eine Auswahl seiner unbedingt sehenswerten visuellen Gedichte. Auch Joan Jonas taucht in der Schau mit Zeichnungen auf: Es handelt sich dabei um die sogenannten Endloszeichnungen der Performancekünstlerin, die in einem Zug durchgeführt werden können und an die Bewegung erinnern, die der Körper beim Zeichnen vollzieht.

Obwohl sich Tobias Kaspar dagegen wohl kaum als Performancekünstler bezeichnet, sind es doch die von Jonas mitentwickelten Verfahren der Bildfragmentierung und -demontage, auf die sich der junge Künstler bezieht: Ausgangspunkt seiner mehrteiligen Fotoserie war die Aufnahme eines Models, die er in mehrere Teile zerlegte und nun in serieller Anordnung präsentiert. Mit kurzen Texten versehen, bleibt seine "Bildgeschichte" jedoch mindestens ebenso bruchstückhaft wie die zerrissenen Poster von Aloïs Godinat oder auch die Collagen von Carola Dertnig, die mit Textfragmenten, privaten Fotografien und kunsthistorischen Bildern den Kontext ihrer eigenen künstlerischen Praxis umreißt.

Dass Dertnig ihr spannendes Wissen und Nachdenken über die Kunstform daneben auch körperlich zu vermitteln vermag, zeigt ihr Video Dégueulasse, in dem sie den performativen Gehalt von Sprache und Bilder auch vor Publikum zur Aufführung bringt. (Christa Benzer/ DER STANDARD, Printausgabe, 25.11.2010)