Von einem Balkon aus streckte ein einstiger Jäger irrtümlich den Nachbarn nieder.

Foto: F.: Begsteiger KEG

Wels - Anton A. ist ein gebrechlicher alter Mann. Gestützt auf einen Stock und - wie es sich für jemanden aus dem Salzkammergut gehört - gekleidet in Tracht, humpelt der 78-Jährige in den Verhandlungssaal des Landesgerichts Wels. Was der Richter ihn fragt, versteht er kaum. Er blickt verzagt zu seinem Verteidiger, als wisse er gar nicht recht, warum er hier ist. Darum: Ohne zu zaudern, mit sicherer Hand, hat der gebrechliche Greis einen angeblichen Einbrecher auf der Flucht angeschossen.

"Es tut mir load", ist das Einzige, was der wegen schwerer Körperverletzung Angeklagte vor Gericht herausbringt. Denn die Patrone traf am späten Abend des 25. August seinen Nachbarn. Dieser wollte nur ein Glückwunsch-Transparent zum 70. Geburtstag von Antons Frau am Haus anbringen. Als der ehemalige Jäger Geräusche hörte, schnappte er sich eines seiner mittlerweile konfiszierten Gewehre und streckte den "Wilderer" mit einem glatten Unterschenkeldurchschuss nieder. Danach ging er wieder schlafen.

"Dreieinhalb Wochen Krankenstand, die Muskelfasern waren zerfetzt", erzählt das Opfer. 1000 Euro in bar als Wiedergutmachung übergibt der Verteidiger dem Opfer: "Mein Mandant bekennt sich schuldig." Der wieder Genesene steckt die Scheine ein: "Ich bin ihm nimmer bös." Der Staatsanwalt schaltet sich ein: "Es braucht eine spürbare Sanktion." Sechs Monate bedingt und 360 Euro lautet das Urteil. (ker/DER STANDARD, Printausgabe, 25. November 2010)