Aquarellkunst vom Feinsten: Ira Kaplan plauscht mit Joey Burns, dahinter der Comicbuchverkäufer aus Springfield (der bei Yo La Tengo auch Basss spielt) mit Mark Nevers (Lambchop).

Foto: Karl Fluch

Georgia Hubley (Yo La Tengo) mit Mark Nevers, dem Tastenmann von Lambchop.

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Joey Burns wird von Thomas Maurer hinterhältig in ein Gespräch verwickelt. Seine eigentliche Mission war, möglichst viel Rotwein in den Calexico-Chef zu füllen.

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Der dritte Abend bot dann noch eine Überaschung: Ich hatte ja schon längst verdrängt, wie schön das Album "Is A Woman" von Lambchop ist. Und dann sitzt da die Band auf der Bühne des Admiralspalast in Berlin – und plötzlich bescherte sie mir diese Gänsehauterinnerung an das Konzert in der Szene Wien anlässlich des Erscheinens dieses Albums vor – was weiß ich – acht, neun, zehn Jahren.

Anlass für diesen wunderbaren Auftritt am vergangenen Sonntagabend waren die Feierlichkeiten zum 20-jährigen Bestehen des deutschen Labels City Slang, das 1990 von Christof Ellinghaus gegründet worden war. Dafür flog er City-Slang-Bands von heute und damals ein: Yo La Tengo, die ihr Album "Fakebook" spielten – mit Dave Schramm (The Schramms! Okra Records! Ach!) als zweitem Gitarristen, Tortoise, Get Well Soon, Menomena, Calexico, Lambchop, The Notwist (die in letzte Sekunde absagen mussten, mir egal), Broken Social Scene und den Songwriter Alexi Murdoch.

Schon in Schwechat zeigte sich, das wird ein Klassenausflug. Nicht nur die Neigungsgruppe Sex, Dings und Zeugs war im Flieger zwecks zweier Auftritte in D, auch die City-Slang-Pilger Thomas Mauerer und Heidi List, die früher bei der EMI viele City-Slang-Künstler betreut hat, düsten gen Berlin. Dort stieß ich auf weitere Abordnungen von FM4, Bekannte und Freunde aus Wien sonder Zahl.

Dazu passte, dass ich Montagmorgen auf der Straße Dialogfetzen aufgefangen habe, in denen ein Passant zu einem anderen etwas sagte, in dem der Begriff "Wien-Invasion" vorkam. Do tell.

City Slang Fest war schön. Calexico am ersten Tag war wie immer super, gegen Get Well Soon gibts auch nichts zu sagen, und The Notwist habe zumindest ich nicht vermisst.

Am Samstag gab es dann ein VIP-Treffen mit den Reichen, Schönen, Bedeutsamen der City-Slang-Welt. Einige Eindrücke davon habe ich als Sitz-Paparazzo mit dem Eifon aufgenommen, nur damit ihr Sterblichen da draußen eine Idee davon bekommt, wie es ist, wenn man es in die erlesensten Zirkel der Popwelt geschafft hat.

Yo La Tengo waren da, Joey Burns wurde (wiederholt) von Thomas Maurer zum Rotwein genötigt, was der dankbar geschehen ließ. Menomena standen rum, Mark Nevers von Lambchop, der wilde Hund Martin Wenk (Calexico), Konstantin Gropper von Get Well Soon, die ganze City-Slang-High-Society und eben die Wien-Invasion.

Mein persönliches Highlight neben dem Lambchop-Auftritt war Yo La Tengo im Folk-Rock-Outfit, in dem sie erwähntes "Fakebook" gespielt haben – und noch einiges mehr aus ihrer City-Slang-Zeit Anfang der 1990er.

Ira Kaplan, der Sänger, meinte, "Fakebook" sei das erste City-Slang-Album überhaupt gewesen. Das wollte ich noch nachschauen, hab aber darauf vergessen. Jedenfalls ist das ein Coverversionenalbum mit ein paar Eigenkompositionen, das bis heute strahlt.

Schon um einmal "Tried So Hard" zu hören, war den Weg wert. Eine Story über 20 Jahre City Slang erscheint am Freitag in der Zeitung.

Bis dahin ein Video mit einer hübschen Impression: Calexico covern mit Get Well Soon Arcade Fire. Da wollte man sich auch nicht beklagen.

(Karl Fluch, derStandard.at, 24. 11. 2010)