Die US-Regierung hatte mehrfach gewarnt, doch die Türken ließen sich nicht beeindrucken: Bei einer Auktion in Istanbul heute, Mittwoch, hat der Iran gute Chancen, den Zuschlag für eine Geschäftsbank zu bekommen. Für Washington ist es ein weiterer Beleg dafür, dass die Türkei und ihre Unternehmen zur bevorzugten Handelsdrehscheibe für den Iran geworden sind, um den Sanktionen zu entkommen.

Auf 90 Millionen Dollar ist das Gebot für die kleine Adabank festgesetzt worden. Drei Bieter hat der staatliche türkische Fonds für Spareinlagen TSMF zugelassen, der die Adabank seit Jahren verwaltet: die britische Standard Chartered Plc, die israelische Hapoalim und einen Fonds aus Bahrain, hinter dem die iranische Regierung stehen soll. Im Vormonat kam Stuart Levey, der Staatssekretär für Geheimdienstfragen im US-Finanzministerium, nach Ankara und mahnte die Regierung, die 1984 gegründete Geschäftsbank nicht an die Iraner zu weiterzugeben. Levey stieß auf taube Ohren.

Der türkische Premier Tayyip Erdogan lässt kaum eine Gelegenheit aus, für eine massive Ausweitung der Handelsbeziehungen zum Nachbarland Iran zu werben. Erdogan und sein Außenminister Ahmet Davutoglu haben den USA und der EU nicht verziehen, dass sie den 2009 unter türkisch-brasilianischer Vermittlung ausgehandelten Kompromiss zur Anreicherung iranischen Urans nicht angenommen haben.

Seit der UN-Resolution 1929 und den nachfolgenden zusätzlichen Strafmaßnahmen der USA, der EU, Kanadas und Australiens in diesem Jahr ist es für den Iran immer schwieriger geworden, Handel zu betreiben. Ausländische Unternehmen sind auch bei Gütern, die nicht auf der Sanktionsliste stehen, vorsichtig geworden. Exportgarantien sind nicht mehr leicht zu haben, Banken scheuen das Risiko, in den Bannstrahl des US-Finanzministeriums zu kommen. Um so bemerkenswerter ist es deshalb, dass in der Türkei der Import aus dem Iran von Jänner bis September um 130 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen ist. Zum Großteil handelte es sich um Öl und Gas. Die Amerikaner seien beim Iran "überempfindlich", kritisierte vor wenigen Tagen erst Ersin Özince, Chef der Is-Bank, einer der größten Banken des Landes. (Markus Bernath aus Istanbul, STANDARD-Printausgabe, 24.11.2010)