Walter Grahammer.

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Walter Grahammer liebt die Einsamkeit, die Schönheit, die Klarheit. Aus diesem Grund fährt der 57-jährige Diplomat aus Vorarlberg mit seiner Frau, einer Historikerin, gerne in die Wüste. Im Geländewagen suchen sie dann im Abenteuerurlaub die Herausforderung und den richtigen Weg. Geschlafen wird auf dem Dach des Fahrzeugs. "Es ist traumhaft schön, den Himmel zu sehen", erzählt Grahammer, "die Sterne sind so viele und so hell, dass es oft sogar schwer ist, den Großen Wagen zu erkennen."

Da spürt man, dass der Herr Botschafter ein Gemütsmensch ist, ein musischer dazu. "Sagen wir es so, es ist schwer, den Grahammer nicht zu mögen", beschreibt ihn ein Kollege. Das liege wohl daran, dass dieser "ein Mensch mit guter Balance" sei, fachlich wie persönlich; einer, der Ruhe und Kompetenz ausstrahle, der aber ebenso charmant und lebenslustig sein könne. In der Tat: Es kann vorkommen, dass er außer Protokoll zur Gitarre greift und Helmut Qualtingers Da Wüde auf seina Maschin vorträgt.

Grahammer - seit Ende 2009 Leiter der Europasektion im Außenministerium - ist alles andere als ein Karrierediplomat. Studiert hat er Französisch und Italienisch an der Uni in Salzburg, Lehramt. Er jobt als Reiseleiter, wird Austauschlehrer in Frankreich. Später heuert er bei der Wirtschaftskammer an. Die schickt ihn in die Wüste, nach Algerien. 1985 tritt er in den diplomatischen Dienst ein. Nach diversen Stationen in Prag, Luxemburg und im Kabinett der früheren Außenministerin Benita Ferrero-Waldner landet er 2004 erstmals in Brüssel: als Nummer zwei in der Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU. Erst vor einem Jahr war er von dort nach Wien zurückgekehrt.

Alle diese Erfahrungen kann Grahammer nun gut brauchen. Mit Anfang 2011 kehrt er schon wieder nach Brüssel zurück, diesmal als Chef der Vertretung, als Nachfolger des exzellenten EU-Botschafters Dietmar Schweisgut, der als Botschafter der EU nach Japan geht.

Grahammer bekommt den wohl härtesten, gleichzeitig aber spannendsten Job, den das Außenamt zu vergeben hat. Man arbeitet nicht nur dem Außenamt zu, sondern ist Schaltstelle für die EU-Politik der gesamten Regierung, aller Ministerien, der Interessenvertreter. Das ergibt ungeheure Themenvielfalt, verlangt körperlich extremen Einsatz, 60-Stunden-Wochen sind die Regel. Aber Grahammer empfindet "große Freude". Seine beiden Kinder sind erwachsen. Er kann voll loslegen. (Thomas Mayer, STANDARD-Printausgabe, 24.11.2010)