Brüssel - Möglicherweise noch Ende dieser Woche könnten die EU-Finanzminister bei einem Sondertreffen das Euro-Rettungspaket für Irland verabschieden. Nach Angaben von EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn am Montag in Brüssel, sollen die Expertengespräche in wenigen Tagen abgeschlossen werden. Geschnürt wird das Paket von Fachleuten aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF). Seit Mitte vergangener Woche wird mit der Regierung in Dublin verhandelt. Wie schon im Fall Griechenland ist davon auszugehen, dass Irland harte Maßnahmen ergreifen muss, um in den Genuss der Zahlungsgarantien zu gelangen. Der Rahmen der Garantien wird auf 90 Milliarden Euro taxiert, er soll sich "unter 100 Milliarden Euro" bewegen.

Welche Risikoaufschläge Irland zahlen muss, oder welche sonstigen finanz- und wirtschaftspolitischen Begleitmaßnahmen die Euro-Experten verlangen, darüber gibt es nur Spekulationen. Deutschland will nach den Worten von Außenamtsstaatssekretär Werner Hoyer - er vertrat Montag Außenminister Guido Westerwelle beim Ministerrat - in jedem Fall "über die niedrige irische Körperschaftssteuer reden" . Ein Sprecher Rehns sagte zu diesem Thema, es sei "wahrscheinlich, dass Irland kein Niedrigsteuerland mehr sein wird" . Die Frage ist, ob und wie konkret dies von den Experten im Maßnahmenpakt festgeschrieben wird.

Steuerpolitik - die völlige Unabhängigkeit von Staaten, ihre Steuern selber festzulegen - ist heikel, sie gehört in der Union zu den letzten großen Tabus der Integration. Würde die nationale Steuerhoheit durch EU-Maßnahmen - wie das Rettungspaket - aufgeweicht, hätte dies natürlich weitreichende Folgen für die Zukunft auch in anderen Zusammenhängen.

Die Sache Körperschaftssteuer war auch der Grund, warum Irland sich so lange gegen Hilfe von außen geziert hat. Der zweite Hauptgrund, warum der Druck letztlich übergroß wurde, die Hilfe anzunehmen, war neben der Betroffenheit britischer und deutscher Banken die Zentralbank. Sie sollte auch wegen des guten Wachstums in Deutschland ihre Geldinterventionen langsam zurückfahren, drängte daher besonders darauf, dass Irland zuvor unter den Schutz des Euroschirmes flüchtet. EZB-Chef Jean-Claude Trichet erläuterte seine Position zur Bewältigung der Eurokrise Montagabend im zuständigen Ausschuss des Europäischen Parlaments in Straßburg. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.11.2010)