Wien/Budapest - Das Ende eines mehr als zehn Jahre aktiven Frauenhändlerringes zwischen Ungarn und Österreich: Durch eine länderübergreifende Polizeiaktion, an der Europol-Beamte beteiligt waren, flogen die Verbrecher jetzt auf. In Wien konnten in den vergangenen Tagen 13 als "Sexsklavinnen" missbrauchte Frauen befreit werden.

Sechs Verdächtige wurden ausgeforscht. Der ungarische Hauptverdächtige, Tibor L. (54), und drei weitere Männer befinden sich in Ungarn in Haft, teilte der Sprecher des österreichischen Bundeskriminalamtes, Helmut Greiner, am Samstag mit. Eine erste Meldung zu der Affäre hatte es Freitag am späten Nachmittag von Europol gegeben.

Die ungarischen Frauenhändler waren offenbar seit 1998 tätig gewesen. Dabei wurden Frauen in Ungarn für berufliche Tätigkeiten mit Lockangeboten angeworben, dann aber sprichwörtlich versklavt. Letztendlich mit brutalsten Mitteln gefügig gemacht, wurden die Ungarinnen schließlich nach Österreich gebracht. Dort mussten die Opfer als illegale Prostituierte in einer dafür in Wien angemieteten Wohnung ihre Dienste verrichten. Im Jahr 2000 wurde dann in Studios in der Leopoldstadt und Hernals gewechselt, wo die Frauen auch mit entsprechenden Kontrollkarten ausgestattet wurden, um bei polizeilichen Kontrollen keinen Grund für eine Beanstandung zu sein. Die Frauen mussten täglich bis zu 20 Kunden und mehr bedienen. Die täglichen Einnahmen betrugen zwischen 800 und 1.000 Euro.

Schreckliche weitere Details, wie sie bei den Erhebungen ans Tageslicht kamen: Im Laufe der Zeit wurden die anfänglichen Opfer offenbar zu Mittäterinnen und übernahmen die "Beaufsichtigung" neuer Opfer. Greiner: "Sie führten Aufzeichnungen über deren Einnahmen und fungierten als Geldboten für den Hauptverdächtigen Tibor L." Die Frauen seien durch das langjährige Martyrium völlig gebrochen gewesen und hätten sich durch Kooperation eine Erleichterung ihrer Lebenssituation erhofft.

Damit nicht genug: Bei "Problemen" wurden Frauen auch zurück zu Tibor L. auf dessen Anwesen in Sarkad in Ungarn verbracht, wo sie misshandelt und "diszipliniert" wurden. Danach kamen die Opfer wieder nach Wien. Der Chef der Frauenhändler-Bande selbst wagte sich nie nach Österreich.

Erst vor wenigen Tagen gab es handfeste Verdachtsmomente. Der Sprecher des Bundeskriminalamtes: "Eine 19-jährige Frau konnte flüchten und erstattete in Ungarn Anzeige." Daraufhin wurden die ungarische und die österreichische Polizei aktiv, ebenso die Staatsanwaltschaft Wien und die die entsprechenden ungarischen Justizbehörden. Die Zusammenarbeit habe sehr gut geklappt. Es sei auch schnelles Handeln notwendig gewesen.

In Wien konnten bei zwei Hausdurchsuchungen 13 Frauen als Opfer ausgeforscht und befreit werden. Derzeit werden in Österreich drei Opfer von entsprechenden Stellen betreut. Die übrigen Frauen sind bereits nach Ungarn zurückgekehrt. Bei der Festnahme der Drahtzieher in Ungarn wurden ein Waffenlager und zahlreiche Schmuckstücke entdeckt. (APA)