Stoffe und ihre Einfassungen als Verweise auf das Kadrieren der Bilder: Robert Beavers' Experimentalfilm "Amor".

Foto: Filmmuseum

Wien - Über seine Methode, Filmbilder zu verbinden, hat der experimentelle Filmemacher Robert Beavers einmal einen Satz geschrieben, der auch seine singuläre Position gut zum Ausdruck bringt: "Eine Qualität beim Schneiden ist wie ein Reim, die andere wie ein Metrum." Lyrische Überlegungen treten also mit strukturellen Erwägungen in einen Dialog: Bald lösen sich Motive ab, die einander kommentieren, bald folgt der Film einem Rhythmus, der die Einstellungen überdauern und sich auf den ganzen Film übertragen kann.

Mit "My Hand Outstretched to the Winged Distance and Sightless Measure" präsentiert das Filmmuseum Beavers' aus 18 Arbeiten bestehenden Zyklus, den er über 40 Jahre hinweg gefertigt und immer wieder überarbeitet hat. Eine seltene Gelegenheit, ein Hauptwerk des avantgardistischen Kinos zu sichten, das an so prestigeträchtigen Institutionen wie der Londoner Tate Modern gezeigt wurde.

Beavers, gebürtiger US-Amerikaner, verließ seine Heimat gemeinsam mit seinem Partner, dem Filmemacher Gregory J. Markopoulos, schon 1967, um in Europa Filme zu machen. In mehrfacher Isolation, wenn man so will: abseits von ökonomischen Strukturen wie auch fern sozialer Ordnungen des Undergroundmilieus. Wie stark die alte Welt auf seine Arbeiten einwirkt, zeigen schon frühe Filme, in denen Renaissancekünstler, griechische Götter und immer wieder die Architektur italienischer Städte wie Florenz, Venedig oder Rom in die Filme eingewoben und auf das Filmemachen ausgerichtet werden.

In "Work Done" setzt Beavers manuelle Tätigkeiten zueinander in Beziehung - etwa Holzfällen und Buchbinden -, wobei die Bilder genauso gut nur über ihre Farbwerte korrespondieren können: Schweineblut trifft dann auf das Grün eines wilden Flusses, später kommt das Blau des Himmels über den Schweizer Bergen hinzu.

Die Selbstreflexion der Bilderherstellung wird in "The Hedge Theater" noch expliziter. Das Nähen eines Hemdknopflochs wird mit ganz unterschiedlichen Rahmen auf Gebäuden oder mit arrangierten Räumen wie dem Salzburger Mirabellgarten in Verbindung gebracht. Beavers interessiert sich hier für Einfassungen von Objekten, es kann aber auch die Textur eines Körpers oder nur dessen Silhouette sein.

Gleichwohl lassen sich diese dichtgewobenen Arbeiten nicht einfach aufschlüsseln - das zeigt auch einer seiner neuen Filme, "Pitcher of Colored Light". Das Porträt des Hauses mit Garten seiner Mutter in Massachusetts gerät zur Evokation einer Idylle, in die zugleich auch Erinnerungen an die eigene Kindheit hineinragen. (Dominik Kamalzadeh/ DER STANDARD, Printausgabe, 19. 11. 2010)