Die Sorge der Autorin insbesondere um Floridsdorf und Transdanubien ist tragischerweise nur allzu berechtigt. Der eigene Augenschein bestätigt: Zusammenhanglos werden Verbauungen in die Gegend gestreut. Allem Anschein nach ist das einzige Regulativ dabei die Zufälligkeit von Grundbesitzgrenzen und Gewinninteressen. Selbst der unfähigsten Stadtplanung könnte solche Willkür nicht in die Schuhe geschoben werden.

Hier ein Gewerbepark (der mit "Park" als typisches Neusprech nicht das Geringste gemein hat), dort ein dislozierter Reihenhäuser-Fleck, dazwischen teils als weiteres Bauland angepriesene Felder sowie Straßenasphaltbänder, die zusammenhängende Lebensräume von Mensch und Tier nicht verbinden, sondern durchschneiden und trennen.

Gewachsene Struktur und Architektur etwa von Jugendstilhäusern wird gegebenenfalls mit Aufstockungen gekrönt, die optisch von überdimensionalen Blech-Sardinenbüchsen nicht unterscheidbar sind. Ganze Wohnblock-Komplexe mit fünf bis acht Geschoßen überragen ihre gewachsene, unmittelbare Umgebung um ein Vielfaches. Gegebenenfalls finden sie auf einem Grundstück Platz, auf dem sich zuvor ein Einfamilienhaus mit Garten befand. Bunt angefärbelte Fassaden-Vierecke als dominante und einzige "Stil"-Elemente an gestapelten Wohnquadern ersetzen angeblich zeitgemäß jegliches Bemühen um architektonische Verträglichkeit.

Im ältesten Bezirksteil Floridsdorfs, im einstigen Ortskern von Jedlesee, scheint derzeit sogar ein seit Jahren bewusst dem Verfall überlassenes, denkmalgeschütztes Barockschlössl nur noch ein Ärgernis zu sein - für den Grundherren Stift Klosterneuburg und die unmittelbar hinter dem ebenerdigen, mehr als 300 Jahre alten Gebäude von zwei Wohnbaugenossenschaften geplanten, bis zu fünfgeschoßigen Wohnblöcke. (Sissy Danninger, DER STANDARD, Printausgabe, 19.11.2010)