Dublin/Wien - So schnell kann es gehen: Im Juli führte die europäische Bankenaufsicht CEBS einen umfassenden Stresstest durch, bei dem den beiden involvierten Banken Allied Irish und Bank of Ireland eine ausreichende Kapitalausstattung konzediert wurde. Zwar schnitten die Institute nicht gerade berauschend ab (Platz 63 für Bank of Ireland, Platz 74 für Allied unter 91 Banken), blieben aber auch in einem Rezessionsszenario deutlich über der geforderten Schwelle einer Eigenkapitalquote von sechs Prozent, die von sieben europäischen Banken verfehlt würde.

Nur vier Monate später kristallisiert sich der Kreditapparat als die Achillesferse Irlands schlechthin heraus. Bis vor kurzem wurde mit einer Belastung des Staates im Ausmaß von 54 Milliarden Euro gerechnet, mittlerweile gehen die Schätzungen deutlich nach oben. Größter Verlustbringer ist die Anglo-Irish Bank, die nicht am Stresstest teilnahm. Allied versuchte ursprünglich, den aufgetauchten Kapitalbedarf selbst an den Märkten aufzubringen, doch mittlerweile ist klar, dass auch dieses Institut unter staatliches Kuratel gestellt werden muss. Über eine bevorstehende Kapitalerhöhung dürfte Dublin auch bei der zweitgrößten Bank mit einem Anteil von 90 Prozent ungewollter Hauptaktionär werden. Laut Bloomberg muss Allied heuer noch 1,8 Mrd. Euro an Schulden zurückzahlen, was ohne Staatshilfe schwierig werden könnte.

Bank of Ireland wiederum - die Nummer eins auf der Insel - macht den Exodus der Einlagen für die Schieflage verantwortlich. Allein seit August zogen Sparer zehn Milliarden Euro ab. Der Finanzsektor hängt derzeit am Tropf der Europäischen Zentralbank, die die Institute mit Liquidität versorgt. Zur Deckung der Eigenkapitalausstattung sind der Notenbank aber die Hände gebunden. Das ist auch einer der Hauptgründe, warum die EZB derart vehement ein Hilfspaket der Eurozone und des Internationalen Währungsfonds einfordert.

Dass die aktuelle Situation beim Stresstest in keiner Weise antizipiert wurde, lässt die meisten Beobachter ratlos zurück. Jörn Lange von Raiffeisen Research verweist darauf, dass der Abschwung in Irland noch deutlicher ausfiel als zuletzt angenommen. Die Immobilienpreise hätten sich teilweise halbiert, dazu kommt der drastische Verfall der Staatsanleihen, die in den Bankbilanzen schlummern. Allein der Kapitalbedarf bei Allied habe sich seit Frühjahr von 7,3 auf zehn Milliarden Euro erhöht, sagt Lange.

Hohe zweistellige Hilfsbeiträge für die Banken, die derzeit kolportiert werden, hält der Analyst dennoch für übertrieben. (as, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.11.2010)