Als Aushilfs-Informationsdirektor befragten die TV-Journalisten des ORF Alexander Wrabetz am Mittwoch. Wenn der ORF-General nebenbei die Information führt, weil er seinen Direktor abwählen ließ, müsste er jeden außertourlichen Runden Tisch selbst entscheiden und platzieren. Die Technik hat Wrabetz wegen Todesfalls auch übernommen.

Superdirektor Wrabetz will "95 Prozent" der Entscheidungen in der Infodirektion "nach unten delegieren" , sagte er den Journalisten. Und Wrabetz erklärte in der Redakteursversammlung, er halte an Kommunikationschef Pius Strobl trotz offenen Lauschangriffes am Rande des Stiftungsrats fest.

Das muss der ORF-General am Donnerstag auch den Direktoren vermitteln. Am 85. Geburtstag des erbitterten Wrabetz-Kritikers und Ex-Generals Gerd Bacher tagt turnusmäßig das Direktorium.

Drei von noch vier Direktoren haben schon öffentlich gegen Mitschnitte von Gesprächen mit Journalisten protestiert: Mittwoch erklärte Thomas Prantner (Online) dem STANDARD: "Es versteht sich von selbst, dass nach diesen unfassbaren Vorfällen entsprechende Konsequenzen im ORF erwartet werden." Die ZiB-Redakteure halten Strobl "in dieser Funktion für nicht mehr tragbar".

"Rasche Neuwahl" gefordert

Sie fordern "rasche Neuwahl" der ORF-Führung. Das Gesetz sieht eine Ausschreibung erst Mitte 2011 vor. Seine Änderung dürfte "natürlich nicht für parteipolitischen Kuhhandel" sorgen:"Die neue Geschäftsführung darf also nicht aus parteipolitischer Dankbarkeit zusammengestellt werden, sondern ausschließlich nach fachlicher und persönlicher Eignung. Der Generaldirektor oder die Generaldirektorin soll das Team frei wählen können."

Der Befund der Journalisten:"Die Geschäftsführung hat mit dazu beigetragen, dass das Image des ORF massiv gelitten hat."

Den Journalisten versprach Wrabetz, in der von (Früh-)Pensionierungen dezimierten TV-Information doch Jobs nachzubesetzen.

ORF plant Korrespondentenbüro in Istanbul

Einer kommt nun neu dazu: Der ORF schrieb einen Istanbul-Korrespondenten aus. Als Kandidaten gehandelt: Ernst Gelegs, Christian Schüller und türkischstämmige ORF-Mitarbeiter. (fid, DER STANDARD; Printausgabe, 18.11.2010)

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Resolution der "ZiB"-Redakteure im Wortlaut:

"ZiB-JournalistInnen für rasche Neuwahl der ORF-Geschäftsführung - "ORF-Image massiv gelitten" 

Die JournalistInnen der Aktuellen Fernseh-Information (ZiB, Heute in Österreich, Hohes Haus, Diskussions-Sendungen) fordern die rasche Neuwahl der ORF-Geschäftsführung.

Die Zeit des Wahlkampfes muss auf eine Minimum reduziert werden, um möglichst bald wieder eine handlungsfähige Geschäftsführung haben. Die Geschäftsführung hat in den vergangenen Monaten mit dazu beigetragen, dass das Image des ORF massiv gelitten hat. Dazu kommt noch das Verhalten des Kommunikations-Chefs des Unternehmens, den wir als ORF-Journalisten in dieser Funktion für nicht mehr tragbar halten.

Der Streit in der Geschäftsführung und das dadurch entstandene katastrophale Bild in den Medien überdecken in der öffentlichen Wahrnehmung die hohe Qualität der Informations-Programme des ORF. Selbstverständlich arbeiten die RedakteurInnen der Aktuellen Fernseh-Information weiterhin objektiv und unbeeinflusst von partei-politischem Druck.

Die möglicherweise notwendige Gesetzesänderung für die Neubestellung der ORF-Geschäftsführung darf im Vorfeld natürlich nicht für partei-politischen Kuhandel sorgen. Die neue Geschäftsführung darf also nicht aus partei-politischer Dankbarkeit zusammengestellt werden, sondern ausschließlich nach den Kriterien der fachlichen und persönlichen Eignung. Der Generaldirektor oder die Generaldirektorin soll das Team frei wählen können.

Für die RedakteurInnen der Aktuellen Fernseh-Information: Dieter Bornemann, Lisbeth Bischoff, Eugen Freund"