Den kulinarischen Aspekten der fünf Weltreligionen widmet sich Katja Sindemanns "Götterspeisen"
In dieser Galerie: 11 Bilder
Osterlamm, Challa oder Laddus - hohe religiöse Festtage sind mit fixen
Ritualen und Symbolen bei Speisen und Getränken verbunden. Opferspeisen,
geheiligte, verbotene oder reinigende Speisen - was abseits von
tradierten Regeln und Gewohnheiten tatsächlich in den Heiligen Schriften
steht, wo es Parallelen zwischen den Religionen gibt und wie die
manchmal allzu strengen Fastenregeln hintergangen werden, offenbart die
Historikerin und Religionswissenschaftlerin Katja Sindemann. In ihrem
Buch "Götterspeisen" spürt sie den religiösen Essgewohnheiten in
Judentum, Christentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus nach und liefert
Rezepte für die oft mit hoher Symbolik belegten Speisen.
Nicht nur innerhalb der historisch aufeinander aufbauenden
monotheistischen Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam, finden
sich Parallelen im religiösen Essverhalten, sondern auch zu den
asiatischen Religionen Hinduismus und Buddhismus. So kennen alle
Religionen das Gebot des Fastens und global haben die Gläubigen
Möglichkeiten gefunden, dieses zu umgehen. In allen Religionen sind
bestimmte Feiertage mit bestimmten Speisen verbunden.
Allen Religionen
ist die Speiseweihe oder der Essenssegen gemein sowie die, zumindest
phasenweise, Vorschrift oder Empfehlung, auf Fleisch zu verzichten. In
buddhistischen Essensgebeten wird all jener gedacht, die an der
Herstellung der Nahrungsmittel und Zubereitung der Speisen beteiligt
waren.
Oft wohnt den Speisen eine symbolische Bedeutung inne, wie etwa
das Osterlamm als „Lamm Gottes" Symbol für Jesus Christus ist. Oft ist
die Auswahl und Zubereitung der Lebensmittel mit medizinischem Wissen um
Heilung und Stärkung des Organismus verbunden: von der ayurvedischen
Lehre über Traditionelle Chinesische Medizin bis zu den
mittelalterlichen Klostergärten. Ebenso sind rituelle Waschungen vor
der Mahlzeit in mehreren Kulturen verankert.
In fünf Kapiteln über die fünf Weltreligionen arbeitet Sindemann
Überlieferungen, Gebräuche, Mythen und wissenschaftliche
Erklärungsversuche auf, die manchmal Begründungen für das Aufkommen
ritueller Speisen liefern, manchmal aber - oft nach jahrzehntelangen
kulturwissenschaftlichen Forschungen - in der Sackgasse enden: "Gott hat es gesagt, also wird es
gemacht!".
Die Religionswissenschaftlerin nähert sich den
unterschiedlichen Kulturen behutsam und differenziert: "Jedem Text über
Hinduismus muss die Erklärung vorangehen, dass es DEN Hinduismus nicht
gibt, genauso wenig, wie es DIE indische Küche gibt."
Ebenso
werden die religiösen Inhalte des Islam, die Religionsbegründer, seine Wurzeln im Juden- und Christentum, die geschichtlichen Aspekte sowie die inhaltlichen Ausrichtungen beschrieben, um letztendlich wieder beim Essen
zu landen: "Anders als im Judentum oder Christentum gibt es im Islam
(...) keine explizit religiösen Speisen." Mit wichtigen Feiertagen wie
dem Zuckerfest oder dem Opferfest seien in den islamischen Ländern
unterschiedliche traditionelle Gerichte verknüpft.
Religiosnübergreifend - und stets mit
Parallelen zum Judentum - ist dagegen die Einhaltung der Verbote
Gottes. "Verboten hat er euch Verendetes, Blut, Schweinefleisch und
das, worüber ein anderer als Gott angerufen worden ist." (Koran, Sure 2,
Vers 168) Eine für Moslems gültige Regel, an deren rationaler Begründung sich auch heute Religions- und Kulturwissenschaftler die Zähne ausbeißen.
Ergänzend zu den Geschichten und der Geschichte der religiösen Nahrung enthält
"Götterspeisen" ausgewählte Rezepte für jüdisches Challa, Gefilte Fisch
oder Tscholent, christlichen Weihnachtskarpfen und Osterzopf,
islamische Shurbat Freekeh (Ramadan-Suppe), Mluchia (Arabischer Spinat)
oder Scholeh Sard (Süßer Reis mit Safran und Mandeln), hinduistische Dal
Tarka (Roter Linsen-Eintopf), Til Laddu (Bällchen aus Kichererbsen mit
Sesam) oder Mandel Barfi (Milch-Mandel-Konfekt).
Für die
ansprechenden Fotos zeichnet Christine Wurnig verantwortlich. (tin,
derStandard.at, 01.12.2010)
Am 6. Dezember wird "Götterspeisen" im tiempo nuevo ,
1020, Taborstr. 17A vorgestellt.
Katja Sindemann/Christine Wurnig:Götterspeisen - Kochbuch der Weltreligionen Metro Verlag Wien 160 Seiten Euro 25,-
Foto: Christine Wurnig/Metro Verlag