Andy Warhols 63 Mio. Dollar teures "Men in Her Life" (1962) basiert auf einem im Juni 1957 aufgenommenen Foto, das Elizabeth Taylor mit ihrem dritten (Mike Todd) und dem späteren vierten (Eddie Fisher) Ehemann zeigt.

Foto: Phillips de Pury

Studien sind nur so brauchbar, wie es ihre Quellen sind. Woher etwa die Kunstpreisdatenbank "Artprice" für ihre Analysen genau ihr Zahlenmaterial bezieht, ist unbekannt. Es ist das eine, eine Kunstpreisdatenbank mit Auktionsergebnissen zu füttern und über Zuschläge Rückschlüsse auf die bisherige Marktentwicklung einzelner Künstler zu ziehen. Aber es ist etwas völlig anderes, daraus Jahresumsätze für eine Sparte abzuleiten.

Am Beispiel des Ende Oktober veröffentlichten Berichts "Contemporary Art Market 2009/2010" erklärt: Die gesamte Branche mischt in der als Zeitgenössisches bezeichneten Kategorie sowohl Gegenwarts- als auch Nachkriegskunst, wobei für Letztere mal das Geburtsjahr des Künstler, dann wieder die Datierung des Kunstwerkes von Relevanz ist. Laut Artprice läge der aktuelle Fokus auf Werke von nach 1945 geborenen Künstlern.

Insofern muss wohl eine entsprechende Software diese Daten aus den weltweit im Bereich "Contemporary" erzielten Ergebnissen gefiltert haben, da die Auktionshäuser selbst nur die Gesamtumsätze (Post War & Contemporary) veröffentlichen. Für den Zeitraum von Juli 2009 bis inklusive Juni 2010 ermittelte man so ein Ranking der "Top 10 Auktionshäuser". Angeführt wird es von Christie's (152,06 Mio. Euro) gefolgt von Sotheby's (114,28 Mio.) und Phillips de Pury (48,06 Mio.). Auf den weiteren Rängen dominieren asiatische Auktionshäuser mit Umsätzen von 4,3 bis 13,97 Millionen, Platz neun eroberte Artcurial (Paris) mit 4,98 Millionen Euro.

Nein, es ist kein einziges Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum vertreten. Dabei spielen solche in dieser Umsatzliga zumindest theoretisch eine Rolle, wie nur zwei Beispiele zeigen: Das Dorotheum setzte in diesem Zeitraum im November 2009 und Mai 2010 nur mit den während der Auktionswochen abgehaltenen Versteigerungen insgesamt 5,9 Millionen Euro (netto 4,9 Mio) um, Van Ham zeitgleich (Dezember 2009. Juni 2010) 5,35 Millionen (netto 4,3 Mio.).

Egal, denn mit den diese Woche in New York abgehaltenen Auktionen ist das Ranking ohnedies Geschichte.

Deflations-Gespenst

Dem Deflations-Gespenst nahmen die Auktionshäuser mit dekorativen Investitionsalternativen gekonnt den Wind aus den Segeln. Gemessen an den zehn höchsten bei Phillips de Pury (8. 11.; Umsatz 137 Mio. Dollar), Sotheby's (9. 11.; 222,45 Mio.) und Christie's (10. 11.; 272,87 Mio.) im Zuge der Abendauktionen erzielten Einzelzuschlägen waren die Jahrgänge vor 1945 am gefragtesten.

An die Spitze setzte sich Andy Warhol so markant, dass die Chronik des Kunstmarkts den Herbst 2010 wohl als Saison der Warhols zu bezeichnen haben wird. Für sein bei Phillips de Pury angebotene Men in Her Life (1962) bewilligte ein Telefonbieter stolze 63 Millionen Dollar und damit den höchsten Zuschlag in der Geschichte des Unternehmens.

Bei Sotheby's schlug ein Privatsammler wiederum sieben Konkurrenten aus dem Feld und holte sich das einzige noch auf dem Markt verfügbare Großformat aus der 1961-62 entstandenen Coca-Cola-Serie für 35,62 Millionen. Und auch bei Christie's (Big Campbell's Soup Can, 1962) schaffte es mit 23,88 Millionen noch ein Warhol unter die drei höchsten Ergebnisse des Abends.

Platz zwei erwirtschaftete Roy Lichtenstein, dessen Ohhh... Alright (1964) bei Christie's zum neuen Künstlerweltrekord für 42,64 Millionen Dollar den Besitzer wechselte. Die beste Performance der Jahrgänge nach 45' lieferte dann doch das Establishment, konkret Mark Rothko, dessen unbetitelte Abstraktion aus dem Jahr 1955 im Bereich der angesetzten Taxen via Sotheby's für 22,48 Millionen nach Asien abwanderte, gefolgt von Jeff Koons Baloon Flower (Blue) für das der amerikanische Handel 16, 88 Millionen Dollar investierte. (Olga Kronsteiner, DER STANDARD/ALBUM - Printausgabe, 23./24. November 2010)