"Ich bin immer meiner Leidenschaft nachgegangen und habe gesehen, dass viel möglich ist, auch wenn du eigentlich wenig hast."

Foto: Armand Feka

Ein Statement am Eingang des Franz-Horr-Stadions.

Foto: Armand Feka

Zlatko, du bist im ehemaligen Jugoslawien geboren, erfolgreicher Fußballprofi und spielst aktuell für die österreichische Nationalmannschaft. Trotzdem gibt es immer wieder die Frage unter Fans, wie österreichisch sich die Spieler fühlen. Ist das für dich nachvollziehbar?

Junuzović: Ich bin in der Vergangenheit nie mit meiner Herkunft konfrontiert gewesen und bin eigentlich auch nie benachteiligt worden. Klar gab es in meiner Jugend mal Beschimpfungen in die Richtung, aber eigentlich hielt sich das ganze in Grenzen. Durch den Fußball habe ich vieles, was andere unter Umständen durchgemacht haben, einfach nie kennengelernt. Ich bin immer meiner Leidenschaft nachgegangen und habe gesehen, dass viel möglich ist, auch wenn du eigentlich wenig hast.

War deine Herkunft jemals ein Thema in deiner Karriere?

Junuzović: Da ich von Jugend an Fußball gespielt habe, war ich nie direkt von Rassismus betroffen. Die Gemeinschaft im Verein war sehr verbindend und es hat in der Hinsicht nie Probleme gegeben. Ich habe schnell Freunde durch den Fußball gefunden und habe mich gleich akzeptiert gefühlt. Unsere Auswanderung habe ich als Kind nur im Ansatz mitbekommen. Außerdem glaube ich, dass wenn man sich schnell einlebt und die Sprache beherrscht, die Integration schneller verläuft.

Spieler in Profivereinen kommen heute von allen Kontinenten. Inwieweit spielt die Herkunft der Spieler noch eine Rolle innerhalb einer Profimannschaft?

Junuzović: Das spielt vom fußballerischen her eine sehr große Rolle, weil jeder aus seiner Heimat etwas mitnimmt, das ist eine große Bereicherung. Deswegen empfinde ich Sport - nicht nur den Fußball - als integrationsfördernd. Manchmal entsteht da wirklich eine Freundschaft und man lernt einiges über andere Kulturen kennen. Vor allem mit den Brasilianern habe ich mich immer sehr gut verstanden, die sind im Vorhinein gleich schon ein wenig lockerer (lacht).

In vielen Nationalmannschaften versucht man sich durch Einbürgerungen gleich einige Spieler zu sichern, die nicht in dem jeweiligen Land geboren oder aufgewachsen sind. Hat sich für die Spieler dadurch etwas an der Bedeutung einer Nationalmannschaft verändert?

Junuzović: In der Hinsicht hat sich für mich nichts verändert, es sollten einfach die Besten spielen. Wenn sie sich gut integriert haben und das Drumherum passt sehe ich das eher positiv. Das erkennt man in Deutschland, die viele solche Spieler integriert haben, oder bei uns in Österreich. Wir haben ebenfalls sehr viele Spieler mit Migrationshintergrund, die die Mannschaft auch gut repräsentieren können.

Nochmals in ähnliche Richtung gefragt: Wie wichtig ist für Sie die Identifikation mit einer Nation?

Junuzović: Ich fühle mich eigentlich zu Hundertprozent als Österreicher. Ich bin hier aufgewachsen, habe von klein auf alles hier mitbekommen. Für mich ist es so, als ob ich hier geboren worden wäre. Für meine Eltern ist das natürlich anders, aber wir haben uns sehr gut in Österreich integriert und fühlen uns hier zuhause. So einen Lebensstandard wie in Österreich hat man eigentlich sonst nirgends, dessen sollte man sich auch bewusst sein.

Spielt die Herkunft oder Nationalität in Profivereinen eine Rolle, etwa bei der Bildung von Cliquen?

Junuzović: Das spielt meistens keine Rolle, was ich aber etwas verwunderlich finde ist das Zusammengehörigkeitsgefühl unter den ex-jugoslawischen Fußballern. Der Bürgerkrieg ist bei solchen Begegnungen wie vergessen und egal wohin man mit seinem Team kommt, redet ein Spieler mit dir, als ob er dein Bruder ist. Egal ob Serbe, Kroate oder Bosnier, sofort entsteht ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Vor allem bei Auslandsspielen kommt man da eigentlich gleich ins Reden.

Wann warst du das letzte Mal in der alten Heimat?

Junuzović: Dort war ich ehrlich gesagt nie wieder seit wir nach Österreich gekommen sind. Mit der Austria war ich im Europacup dieses Jahr in Bosnien als wir gegen Široki Brijeg gespielt haben. In Brijeg war es zu Beginn ungewohnt, weil plötzlich alle meine Muttersprache gesprochen haben. Bei mir persönlich kam bisher nie die Gelegenheit eigentlich mal hinzufahren und außerdem ist es für meinen Vater, der früher Richter war, nicht so einfach einzureisen. Man weiß einfach nicht wie sicher das für ihn sein könnte. Meine Mutter und meine Schwester waren aber vor kurzem unten.

Rassistische Beleidigungen im Stadion sind heutzutage keine Seltenheit und auch bei der Austria ist das vorgekommen. Wie fühlt man sich dabei als Spieler, der selber einen Migrationshintergrund hat?

Junuzović: Ich persönlich finde das ziemlich seltsam, weil wir auch in der Mannschaft einige Spieler haben, die nicht aus Österreich stammen. Auf dem Spielfeld kriegt man aber nicht immer alles mit was auf den Rängen passiert. Ich denke als Fußballspieler ist es schwierig Leute mit diesem Gedankengut wirklich davon abzuhalten andere zu beleidigen. Deswegen ist es positiv, dass zum Beispiel die UEFA internationale Aktionen gegen Rassismus setzt. Allein wegen meinem Nachnamen sollten unsere Fans auch wissen, dass ich selber einen Migrationshintergrund habe.

Wie sieht deine fußballerische Zukunft aus, gibt es da schon Pläne wie es weitergehen soll?

Junuzović: Mein Ziel ist sicherlich die deutsche Bundesliga, auch weil es von der Integration und der Sprache her einfacher gehen sollte. Seit meinem sechsten Lebensjahr verfolge ich die Liga schon und hier vor allem Bayern München, deren Fan ich schon seit Kindesalter bin.

Du bist in Kärnten bzw. in der Steiermark aufgewachsen, fühlst du dich in Wien als "Zuagrasta"?

Allein wegen der Größe ist Wien schon ganz anders als Kärnten zum Beispiel. Dort geht alles ein wenig ruhiger zu, es gibt mehr Grünflächen, während man in Wien nicht selten nur von Hauswänden umzingelt ist. In Kärnten konnte ich leichter abschalten , das ist in Wien mehr als schwierig. Wenn ich abschalten will fahr ich dann aber einfach heim (lacht).