Schakfeh, Chef der Islamischen Glaubensgemeinschaft, mit Sprecherin Baghajati: "Wir erwarten eine Verdoppelung der Anzahl."

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Wien - Die heimischen Muslime wählen ihr Oberhaupt samt Vertretung erstmals nach neuem Modus. Allerdings haben sich von geschätzten 500.000 Gläubigen im Land bisher bloß 45.822 für den Urnengang registrieren lassen. Anas Schakfeh, der als langjähriger Präsident der Islamischen Glaubengemeinschaft seit längerem als amtsmüde gilt, sprach am Montag von "einer schwierigen Aufgabe", die in manchen Bundesländern "enttäuschend" verlaufen ist - und hofft, dass sich mit der noch nicht abgeschlossenen Registrierung in Wien die Zahl der Mitglieder noch verdoppelt.

Zähe Anmeldung

So musste in der Steiermark die Frist verlängert werden, da sich dort bis jetzt auffallend wenige zur Glaubensgemeinschaft bekennen. Zum Vergleich: 2165 Personen gehören der Religionsgemeinde in Graz an, in Vorarlberg haben sich 9835 registrieren lassen. Im Burgenland musste die Wahl gar abgeblasen werden, da es nur 445 Bekennende gibt.

Als Grund für die schleppenden Anmeldungen führt Schakfeh unter anderem an, dass sich viele angesichts der einstigen Verfolgung der Juden unbehaglich fühlten, all ihre Daten herauszurücken. Außerdem hätten islamische Familien oft eine große Kinderanzahl, und wahlberechtigt seien Muslime erst ab dem 14. Lebensjahr. Schakfeh selbst hat mittlerweile veranlasst, dass die Religionslehrer Schüler und deren Familien dazu anhalten, sich registrieren zu lassen.

Die Wahl selbst beginnt am 21. November in Kärnten. Bis 17. April sollen die Muslime, gestaffelt nach Bundesländern, neun Gemeindeversammlungen bestimmt haben. Im weiteren, komplizierten Wahlprozess werden dann 36 Mitglieder in den 61-köpfigen Schura-Rat ensandt, der den Obersten Rat beschickt - welcher zu guter Letzt im Juni aus seinen Reihen den neuen Präsidenten kürt.

Gerüchteküche

Als Schakfehs Nachfolger wird hinter vorgehaltener Hand mittlerweile der türkische Religiongspädagoge Fuat Sanac gehandelt. Schakfeh selbst will Spekulationen zur Nachfolge nicht kommentieren, nur so viel: Mindestens die Hälfte der registrierten Muslime hat einen türkischen Hintergrund, verrät er. Zu der Vereinigung der liberalen Muslime, die türkische Migranten in der Gemeinschaft zu wenig repräsentiert sieht, hält Schakfeh fest: Sie bestehe aus höchstens acht Mitgliedern. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD Printausgabe, 9.11.2010)