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Hannes Androsch bei der Präsentation des Volksbegehrens.

Foto: APA/Schlager

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Bis Jänner will Hannes Androsch die notwendigen Unterstützungserklärungen gesammelt haben.

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"Der Zufall hat uns eine gewisse Symbolik beschert", sagt Hannes Androsch zu Beginn der Präsentation des"Volksbegehren Bildungsinitiative". Durch den Umbau des Presseclubs Concordia findet die Pressekonferenz im Medienzentrum des Parlaments statt. In wenigen Monaten will Androsch, einst Vizekanzler und Finanzminister, heute Industrieller, sein Volksbegehren weiter oben im Sitzungssaal des Parlaments behandelt wissen. Nun sammelt er Ideen, Unterstützer und Unterstützungserklärungen.

Zu den Hauptforderungen des Volksbegehrens zählen eine ausreichende öffentliche Finanzierung von Schulen und Universitäten, Bundeskompetenz für das Schulsystem und die Lehrer, eine spätere Bildungswegentscheidung erst mit 14 Jahren sowie gute Studienbedingungen und mehr Studienplätze an den Hochschulen.

"Breit und überparteilich"

In den nächsten Wochen und Monaten will Androsch möglichst "breit und überparteilich" Ideen für das Volksbegehren sammeln. Ein Ziel sei es, den zuständigen Ressortministerinnnen Beatrix Karl und Claudia Schmied "Rückendeckung" zu geben um Widrigkeiten zu überwinden. Bislang wird das Volksbegehren von den Präsidenten der Fachhochschul- und Universitätenkonferenz sowie vom Präsident der Akademie der Wirtschaftskammer unterstützt. Mit der ÖH oder Elternvertretern führt man zurzeit noch Gespräche.

In den nächsten Monaten soll ein konkretes "Schwerpunktpapier", die Grundlage für das Volksbegehren, erarbeitet werden. Bis Jänner will man die rund 8000 benötigten Unterstützungerklärungen, die zur Durchführung des Volksbegehrens notwendig sind, gesammelt haben. Für das eigentliche Volksbegehren strebt Androsch einen Termin im Mai an.

"Der Worte sind genug gesprochen"

Bislang sind die Forderungen der Initiative vage formuliert. Einige "Grundsätze" wurden heute präsentiert. Man will eine "ausreichende öffentliche Finanzierung von Schule und Universitäten, die sich nicht von Machtansprüchen und Standesdenken bremsen lässt". Als ausreichend bezeichnet Androsch die im Parlament per Entschließungsantrag ohnehin bereits verabschiedete Forderung nach einem Anteil der Hochschulausgaben von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), einer Forschungsquote von vier Prozent des BIP sowie einem Anteil der Ausgaben für die Schule von sieben Prozent des BIP. "Der Worte sind genug gesprochen, jetzt wollen wir Taten sehen", fordert Androsch.

Weiters fordert die Initiative: "Österreich ist zu klein für neun verschiedene Schulsysteme. Es darf zu keiner Verländerung, auch nicht der Lehrerinnen und Lehrer, kommen. Der parteipolitische Einfluss muss aus dem Schulbereich verbannt werden". Eine Ganztagsschule wird ebenso gefordert wie eine "Bildungswegentscheidung erst im Alter von 14 Jahren". Gerade der Schulbereich hat es Androsch angetan. "Wenn einer in Bayern - welches mehr Einwohner als Österreich hat - sagt, wir lassen die Bildung Verlandkreisen, dann wird man ihn psychatrieren", so Androsch in Richtung Landeshauptleute. Die Initiative will jedoch auch eine Hilfe für die Lehrer sein, „nicht aber für die Lehrergewerkschaft. Da möchte ich schon differenzieren".

Androsch sieht kein Misstrauensvotum gegen die Regierung

Für den Hochschulbereich fordert man eine Verbesserung der Studienbedingungen, mehr Studienplätze sowie eine Steigerung der Absolventenzahl. Ob dies beispielsweise Zugangsbeschränkungen umfasst, fehlt in der veröffentlichten Erklärung. Androsch persönlich sieht in dieser Frage zwei "Incentives" als mögliche Vorgehensweise. Zum einen seien dies Zugangsregelungen wie auf Fachhochschulen, zum anderen die Einführung von Studiengebühren bei einem gleichzeitigen Ausbau der Studienförderung. Umfassen soll das Volksbegehren somit alle Bildungsbereiche, aber auch Wissenschaft und Forschung. Wie dies finanziert werden soll? Androsch sieht derzeit ein Einsparungspotenzial von 20 Milliarden Euro beispielsweise beim Bundesheer oder den Spitälern.

Als Misstrauensvotum an die Regierung will Androsch die Initiative jedoch nicht verstanden wissen, sein Volksbegehren richtet sich gegen eine "Koalition der Verhinderer und Betonierer", das könnte die Regierung eigentlich nur begrüßen, sagt Androsch.

"Rückenwind"

Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) begrüßte das initiierte Volksbegehren "Bildungsinitiative". "Ich freue mich über diesen Rückenwind", sagte Schmied und fügte hinzu: "Bildung muss ein gesellschaftspolitisches Anliegen sein, über Parteigrenzen hinaus."

"Wichtiger Schub"

Auch Harald Walser, grüner Bildungssprecher, begrüßt prinzipiell die Initiative, wenn sie „ordentlich gemacht wird", so Walser laut einer Aussendung. Ein erfolgreiches Volksbegehren wäre ein „wichtiger Schub" für die Bildungspolitik, jede Nähe zu eine der Regierungsparteien würde der Initiative jedoch schaden. Die Grünen haben bereits ein Treffen mit Hannes Androsch geplant.

Der Bildungssprecher der FPÖ, Walter Rosenkranz, zeigt sich in einer ersten Reaktion verhandlungsbereit, ob die FPÖ jedoch das Volksbegehren unterstützen werde, hängt noch vom konkreten Wortlaut ab. „Sobald dieser bekannt ist, werden wir den Text prüfen und über weitere Schritten entscheiden", so Rosenkranz in einer Aussendung. Auch BZÖ-Chef Josef Bucher begrüßt die Initiative: „Das BZÖ ist bereit, ein solches unabhängiges Volksbegehren tatkräftig zu unterstützen, wenn die konkreten Forderungen passen", so Bucher in einer Aussendung.

ÖVP auf Distanz

Eine "Chance für eine sinnvolle Bildungsdebatte" ist für ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger das Bildungs-Volksbegehren. "Dass Bildung für die Bundesregierung hohe Priorität hat, zeigen die zusätzlichen Budgetmittel von 80 Millionen Euro für den Ausbau der Ganztagsschule sowie weitere 80 Millionen Euro für die Universitäten", so Kaltenegger in einer Aussendung. "Keine Unterstützung" gibt es von der VP aber" für einen allfälligen Versuch, die Gesamtschule einzuführen". Diese sei "keine Lösung".

VP-Chef Josef Pröll hat sich distanziert geäußert. Man werde sich mit der Initiative auseinandersetzen, aber mit der ÖVP werde es "keinen Einheitsbrei im Bildungsbereich geben". Für die Frage der Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern sieht Pröll auch keinen Grund für ein Volksbegehren. Man werde mit den Ländern Gespräche führen und zu guten Lösungen kommen. Ein Volksbegehren brauche man dafür nicht. 

Volkspartei NÖ ortet "Etikettenschwindel"

Einen "waschechten Etikettenschwindel" sieht Klaus Schneeberger, Klubobmann der ÖVP im NÖ Landtag. "Mit 'No-na'-Argumenten" wie mehr Geld für die Bildungseinrichtungen um die Qualität der Ausbildung der Schüler zu steigern, versuchten der Industrielle und seine Mitstreiter vom eigentlich Ziel abzulenken. Androsch und Unterrichtsministerin Claudia Schmied (S) würden "in Wahrheit die Einführung der SP-Gesamtschule für die Zehn- bis 14-Jährigen und eine Schwächung der Regionen" verfolgen. (seb, red, derStandard.at, 5.11.2010)