Österreichs E-Wirtschaft möchte bis zum Jahr 2020 rund sieben Milliarden Kilowattstunden an zusätzlicher Kraftwerksleistung installieren. Wenn man sie lässt.

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Die heimischen Stromerzeuger stehen seit einiger Zeit selbst unter Strom. Der Pumpspeicher Kops II im Vorarlberger Montafon war das erste größere Kraftwerk, das nach Jahren der Bauflaute um rund 400 Millionen Euro errichtet wurde und 2009 nach mehrmonatigem Probebetrieb ans Netz ging. Dabei handelt es sich eigentlich um ein deutsches Kraftwerk auf österreichischem Boden, weil Kops II vom Partner der Vorarlberger Illwerke, der Energie Baden-Württemberg (EnBW), gefahren wird.

Inzwischen ist die Zahl an Projekten, mittels derer die Stromerzeugung in Österreich kräftig in die Höhe getrieben werden soll, auf gut 80 angewachsen. Rund 60 Projekte und damit der überwiegende Teil der Vorhaben sind im Bereich Wasserkraft angesiedelt, wobei das Schwergewicht auf Pumpspeicherung liegt.

"Wir könnten allein mit den Wasserkraftvorhaben, die in Planung oder in bereits fortgeschrittenerem Stadium sind, bis 2015 zusätzlich 4,7 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugen", sagt die Generalsekretärin von Österreichs Energie (vormals Verband der Elektrizitätswerke Österreichs), Barbara Schmidt. Zusatz: "wenn man uns lässt und Genehmigungen zeitnah ausgestellt werden." Das von der Bundesregierung in ihrer Energiestrategie definierte Ziel von zusätzlich 3,5 Terawattstunden (3,5 Milliarden Kilowattstunden) bis 2015 könne damit übererfüllt werden.

Nicht über 2015 hinaus

Obwohl sich in der Energiestrategie keinerlei Angaben über Zielsetzungen für die Jahre nach 2015 finden, halten Österreichs Energieversorger an ihren früher gemachten Angaben fest: Demnach soll die Stromerzeugung durch weiteren Kapazitätsausbau bis 2020 um 7,0 Terawattstunden steigen. Zum Vergleich: Der Inlandsverbrauch an elektrischer Energie ist im Vorjahr krisenbedingt von 60 auf rund 58 Terawattstunden gesunken. Heuer dürfte wieder ein Plus davor stehen, zumal die meisten Betriebe, die 2009 kurzarbeiten ließen, wieder voll produzieren.

Ein Projekt, das im Vorlauf ungewöhnlich wenig Zeit benötigte, ist das Pumpspeicherkraftwerk Reißeck II in Kärnten, wo der Spatenstich vor wenigen Wochen erfolgt ist. Das ganze hat freilich eine Vorgeschichte und geht auf die Zeit zurück, als der Landeshauptmann Jörg Haider hieß. 2007 wurde der sogenannte "Mölltalfonds" eingerichtet, der mit 55 Mio. Euro dotiert ist und zum überwiegenden Teil vom Verbund gespeist wurde. Damit werden insgesamt 19 Gemeinden im Möll-, Malta-, Lieser- und Drautal für Nachteile entschädigt. Im Gegenzug dürfte sich der Verbund das Wohlwollen der Gemeinden beim Projekt Reißeck II gesichert haben.

Nicht jedes Projekt, das von den Energieversorgern vorangetrieben wird, hat freilich die Deckung des Strombedarfs in Österreich im Auge. "Bei den Wasserkraftprojekten liegt der Fokus auf den Pumpspeichern. Im europäischen Verbund lässt sich damit viel Geld verdienen", sagte der Energieexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts, Stefan Schleicher, dem Standard. Dasselbe gelte für das Verbund-Gaskraftwerk im steirischen Mellach. "Ziel ist es, von dort die Hochpreisregion Südosteuropa mit Strom zu beliefern."

Wie stark der Stromverbrauch in Österreich künftig steigt, sei schwer abschätzbar. Schleicher: "Das hängt nicht zuletzt davon ab, wie stark die Energieeffizienzmaßnahmen greifen."

Die Blöcke Mellach und die Speicherkraftwerke haben eine starke Exportkomponente. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.11.2010)