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Lokalmatadoren: Felipe Massa, Bruno Senna, Model Gianne Albertoni und Lucas Di Grassi.

Foto: APA/EPA/Moreira

Interlagos/Sao Paulo - Er ist in Sao Paulo allgegenwärtig. Eine Schule hier, ein Platz dort, ein Tunnel da - es gibt kaum etwas, das in seiner Heimatstadt nicht an Ayrton Senna erinnert. Der legendäre dreifache Weltmeister ruht seit 1994 in einem Ehrengrab auf dem Morumbi-Friedhof. Sein Vermächtnis aber liegt noch immer über der Stadt. Die Menschen in Sao Paulo lieben die Formel 1 und den Motorsport - fast so, wie sie den Fußball lieben.

2010 bestreitet ein Senna seinen ersten Heim-Grand-Prix - Bruno Senna. Der Weltmeister-Neffe hatte nach dem Unfalltod von Ayrton wegen eines Verbotes seiner Famile erst mit 20 mit dem Motorsport beginnen dürfen. Über das Wirken seines Onkels wurde rechtzeitig vor dem Grand Prix in Sao Paulo ein bewegender neuer Dokumentarfilm veröffentlicht - mit dem schlichten Titel "Senna".

"Es gibt nichts Schöneres"

Die Formel 1 kommt gerne nach Brasilien. Nicht wegen des Großstadtverkehrs im 20-Millionen-Moloch Sao Paulo, nicht wegen der regelmäßig niedergehenden Wolkenbrüche, sondern wegen der einzigartigen Stimmung, die an der Strecke herrscht. Die Atmosphäre im mehr als 100.000 Zuschauer fassenden Autodromo Jose Carlos Pace sucht ihresgleichen. "Es gibt nichts Schöneres, als zu Hause vor diesen Fans zu fahren", bestätigte Felipe Massa.

Der Ferrari-Pilot war im Vorjahr wie ein Volksheld gefeiert worden, als er nach seiner schweren Kopfverletzung in Ungarn beim Heimrennen die Zielflagge geschwenkt hatte. Manchmal fühle es sich an wie in einem Fußball-Stadion, hat Massa einmal gesagt. Und der 29-Jährige ist ein großer Freund des runden Leders. "Ich bin Brasilianer, ich mag Autorennen und Fußball", erklärte Massa. "Zuerst die Rennen, aber der Fußball kommt gleich danach."

Demnach stört es ihn auch nicht, dass in Sao Paulo das Stadtderby zwischen dem FC Sao Paulo und den Corinthians am Sonntag ein ebenso großes Thema ist wie der Grand Prix. Die Corinthians schossen sich am Mittwochabend mit einem 4:0-Kantersieg gegen Avai warm, Superstar Ronaldo traf im Doppelpack. Die brasilianische Meisterschaft biegt bereits in die Zielgerade, dementsprechend voll sind auch die Zeitungen. "Ronaldo Fenomeno", stand da in Anlehnung an den früheren Spitznamen des Ausnahmestürmers zu lesen.

Neue Kraft

Aus den Schlagzeilen verdrängt wird der Sport, den die Brasilianer so sehr lieben, derzeit nur von einer Frau - Dilma Rousseff, die am Wochenende mit deutlicher Mehrheit von mehr als 56 Prozent zum ersten weiblichen Staatspräsidenten der größten lateinamerikanischen Wirtschaftsmacht gewählt worden ist. Die Zustimmung im Land ist groß, will Dilma doch den erfolgreichen Wirtschaftskurs ihres Vorgängers und Mentors Lula da Silva fortsetzen.

Weiteres Agrarland gilt es zu verteilen, Sozialausgaben sollen nicht gekürzt, die Steuern nur moderat angepasst werden. Unter Lula haben seit 2002 viele Brasilianer den Sprung aus der Armut in den Mittelstand geschafft. "Sie sind gut, vor allem für die weniger reichen Menschen", erklärt ein Taxifahrer. "Vielen geht es jetzt besser." Zeit für Diskussionen bleibt genug, dauert die Fahrt vom internationalen Flughafen in die Innenstadt doch mehr als eine Stunde. Manches ändert sich also doch nie. (APA)