Umfassende Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit - das ist in Salzburg keine leichte Übung. Eine dieser unbewältigten "Altlasten" rückt jetzt aus dem Schatten der Mozartkugel in den Fokus der Öffentlichkeit: Der 1889 geborene Bildhauer Josef Thorak ist durch seine Biografie eng mit der Festspielstadt verbunden. So besuchte der Töpfermeistersohn die hiesige Erziehungsanstalt Edmundsburg, später studierte er in Wien und Berlin, wo er als freischaffender Künstler zunächst auch von jüdischen Mäzenen unterstützt wurde.

Nach Hitlers Machtergreifung 1933 trennte er sich von seiner jüdischen Frau und den Kindern, bereits 1938 ließ der Albert-Speer-Spezi KZ-Häftlinge aus Dachau für sich arbeiten. Thorak entwarf Objekte für das Berliner Olympiagelände oder die Neue Reichskanzlei. Als die Alliierten München bombardierten, suchte er Schutz im Salzburger Teil der "Alpenfestung". Schloss Prielau bei Zell am See war 1938 "arisiert" worden, davor gehörte es Hugo von Hofmannsthals Witwe.

Nach dem Ende der braunen Diktatur schaffte Thorak wegen fehlender Parteiausweise die Entnazifizierung problemlos. Das offizielle Salzburg (in Gestalt des Kulturamts) widmete Thorak 1950 eine Ausstellung im Mirabellgarten, seine während der NS-Zeit entstandenen Auftragswerke Paracelsus und Kopernikus stehen noch dort, aber keine erläuternde Tafel über den Künstler und sein Werk.

Seit seinem Tod 1952 liegt dieser in einem Ehrengrab der Stadt auf dem Friedhof St. Peter, elf Jahre später wurde eine Straße nach Thorak benannt. In unmittelbarer Nähe der Denkmale erinnert jetzt die Schau Thorak...?? des Salzburger Bildhauers und Mozarteum-Lehrers Bernhard Gwiggner an den Monumentalplastiker mit den lukrativen Nazistaatsaufträgen. Zu sehen gibt es etwa die Styroporskulptur WoThora - eine in braun gehaltene "moderne" Persiflage der Paracelsus-Statue.

Weiters die Großformatzeichnung ... mal der Arbeit, mit der Gwiggner das wegen Marmormangels unvollendet gebliebene NS-Denkmal an der Autobahn Salzburg-Walserberg sowie die Biografie Thoraks rekonstruiert. Im Rahmen der noch bis 19. November gezeigten Ausstellung diskutieren am 4. 11. (19 Uhr) die Provenienzforscherin Susanne Rolinek und Georg Steinitz über "Hitlers Bildhauer und die Mozartstadt".  (dog, DER STANDARD - Printausgabe, 3. November 2010)