Mallorca im Oktober, das ist zugegebenermaßen ein gewisses Risiko. Auf den Balearen herrscht subtropisches Klima, das heißt: heiße, trockene Sommer und milde, feuchte Winter. Und eine doch recht niederschlagsreiche Regenzeit im Herbst. Ab Ende August sind auf der Inselgruppe im Mittelmeer - zu der außerdem noch Menorca, Ibiza und Formentera gehören - kurze starke Regenfälle möglich, begleitet von Sturm und Gewittern. Statistisch betrachtet ist der Oktober noch dazu der niederschlagsreichste Monat des Jahres. Örtliche Überschwemmungen sind dann keine Seltenheit, auch heuer kam es Anfang Oktober zu Sturzbächen, Überflutungen und in der Folge zu Straßensperren.

Dennoch bietet die Hauptinsel der Balearen, deren Name sich vom Lateinischen "maior" (also "größer", gemeint ist "die größere Insel") ableitet, besondere Reize.

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Für Liebhaber des Laufsports ist hier zunächst der TUI-Marathon in der Hauptstadt Palma de Mallorca zu erwähnen. Der deutsche Reisekonzern rief ihn 2004 ins Leben, seitdem findet er an jedem dritten Oktobersonntag statt. Ein Grund für den Herbst-Termin ist natürlich das bereits erwähnte Klima auf Mallorca: Im Sommer wäre es zu heiß. Ein anderer, für TUI wohl wichtigerer Grund ist aber auch, dass sich auf diese Weise die mallorquinische Sommersaison bequem verlängern lässt; die zahlreichen Hotels, die die 6000 Läuferinnen und Läufer heuer um den 17. Oktober herum beherbergten, waren dafür dankbar.

Foto: TUI AG/Joschi Peterleithner

TUI nennt den Marathon den "schönsten Inselmarathon der Welt" - und die Strecke ist tatsächlich sehr attraktiv, führt sie doch auf einer Länge von 10 Kilometern kreuz und quer durch die Altstadt von Palma. Allerdings erst ab Streckenkilometer 10 - wer "nur" den ebenfalls angebotenen 10-km-Lauf absolviert, läuft zwar die beeindruckende Hafenpromenade mit den noch beeindruckenderen Yachten entlang, biegt aber vor der Altstadt schon ins Ziel ab. Dieses befindet sich - so wie der Startbereich - im "Parc de la Mar" unmittelbar unterhalb der berühmten Kathedrale "La Seu".

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Das Konzept von TUI sieht nicht vor, Spitzenläufer nach Palma zu ködern: Der Marathon soll ein Event rein für die "breite Masse" an ambitionierten Hobbyläufern sein und auch bleiben, erklärte TUI-Konzernsprecherin Kirsten Jacobi. Es gibt also kein Startgeld für Top-Marathoni, und auch für die Gewinner der verschiedenen Kategorien (Marathon, Halbmarathon, 10-km-Lauf) gibt es keinen schnöden Mammon, sondern - Reisepreise.

Weltrekorde sind hier ohnehin auch in den nächsten Jahren nicht zu erwarten: Der Kurs ist wegen des Auf und Ab in der Altstadt (siehe Höhenprofil) nicht gerade als schnell zu bezeichnen. Die heurige Siegerzeit betrug 2:29:23, auf dem obersten Stockerlplatz stand schon zum dritten Mal hintereinander ein Einheimischer, und zwar immer derselbe: Miquel Capo Soler.

Der Termin für nächstes Jahr steht bereits fest, der TUI-Marathon Palma de Mallorca findet am 16. Oktober 2011 statt. Infos und Anmeldung gibt's hier.

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Wer nach der hoffentlich erfolgreichen läuferischen Anstrengung dann ein paar Tage faulenzen will, für den ist Mallorca auch im Oktober noch eine Reise wert. Vom berühmt-berüchtigten "Ballermann" an der Platja de Palma (wo sich für echte "Marathonis" übrigens der östlichste Wendepunkt befindet), über diverse Steil- und/oder Felsküsten bis hin zum ...

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... Naturstrand "Es Trenc" ist die ganze Bandbreite - oder hier vielleicht besser passend: Strandbreite - vorhanden und lädt noch zum Baden ein. "Es Trenc" - rund 50 Kilometer südöstlich von Palma - gilt als der schönste Sandstrand Mallorcas, auch wenn in unmittelbarer Umgebung immer noch ...

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... die Ruinen eines Bauskandals aus den 90er-Jahren herumstehen. Damals begann ein deutsches Unternehmen ohne Genehmigung mit dem Bau von Appartmenthäusern. Umweltschützer kämpften dagegen an und bekamen vor Gericht Recht. Ein Abriss-Bescheid existiert, umgesetzt wurde er noch nicht. Sobald der Oberste Gerichtshof über den Fall entschieden hat, sollen die Bauruinen aber schleunigst verschwinden, so lautet der Stand von Juli 2010. Die Baufirma verlangt nun von Mallorcas Inselrat allerdings 27 Millionen Euro an Schadenersatz.

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Wer nach ein paar Tagen am Strand schon genug vom Faulenzen hat, aber noch nicht zurück ins kalte Österreich will, sollte den einen oder anderen Abstecher ins Tramuntana-Gebirge an der mallorquinischen Westküste machen. Besonders reizvoll geht das von Palma aus mit der Bahn nach Sóller. Die alte einspurige Eisenbahn ist nämlich ein Erlebnis für sich.

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Erst zischt man damit schnurstracks und zu ebener Erd' Richtung Norden, bis dann nach etwa einer halben Stunde die ersten Hügel auftauchen. Im Anschluss suchen sich die Holzwaggons ihren Weg ins Orangen-Tal durch einen Haupt- und mehrere kleinere Tunnels, oder brausen durch Schneisen, die vor hundert Jahren ins felsige Gestein gesprengt wurden und nur unwesentlich breiter sind als der Zug selbst. Nichts hinausstrecken, schon gar nicht diverse Extremitäten oder gar den eigenen Kopf, ist für Passagiere deshalb oberstes Gebot.

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Ein Gebot, das nach der Ankunft in Sóller auch für die Weiterfahrt mit der Traditions-Bim nach Port de Sóller gilt. Zumindest für Sitzplatzreisende. Alle anderen haben garantiert alle Hände voll zu tun, nicht von der Plattform zu purzeln.

Die Straßenbahn mit San-Francisco-Feeling fährt zunächst quer über die Plaça Constitutiò, und zwar so knapp an den dortigen Schanigärten vorbei, dass man unschwer von den dort konsumierten Cafés con Leche oder Zumos de Naranja - wir sind schließlich im Orangental - einen Schluck nehmen könnte.

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Von Port de Sóller aus lässt sich dann - vorausgesetzt, das Wetter passt - ...

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... wunderbar die nähere und fernere Umgebung wandernd erkunden. Und hier erweist sich die Serra de Tramuntana, die sich die gesamte mallorquinische Nordwestküste entlang schlängelt (siehe kleines Bild, rote Markierung) als ideales Wandergebiet. Mehrere Gipfel mit über 1000 Metern Höhe (der höchste Berg Mallorcas ist der "Puig Major" mit 1.445 m) bieten eine grandiose Aussicht, zahlreiche historische Pilgerwege führen durch Schluchten, Olivenhaine, raue Felslandschaften und auch so manches Wildtier-Jagdrevier.

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Beeindruckend sind vor allem die historischen Terrassenanlagen, die noch aus der Zeit der arabischen Herrschaft stammen (ca. 9.-13. Jhdt.). Die Terrassen werden von Trockensteinmauern, den so genannten "tancas" gestützt, die ohne Mörtel kunstvoll aufgeschichtet wurden und unter anderem den Boden vor Erosion schützen.

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Die Wege sind großteils hervorragend beschildert, es geht über Stock und Stein vorbei an ...

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... üppiger Flora und ...

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... duldsamer Fauna.

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Mit dem jüngst erschlossenen Pfad "GR-221", der so genannten "Ruta de Pedra en Sec" ("Route der Trockenstein[mauern]") existiert auf Mallorca auch ein Weitwanderweg, der Konditionsstarke in Längsrichtung fast durch die gesamte Serra de Tramuntana führt. Er ist noch nicht zur Gänze fertig beschildert, soll aber bald von Port d'Andratx an der Südküste über 150 Kilometer bis nach Pollença im Norden der Insel reichen.

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Nicht direkt auf der Strecke des Fernwanderwegs, aber in Gehweite dazu befindet sich das "Bilderbuchdorf" Fornalutx. Ganz in der Nähe von Sóller gelegen, wird es mit schöner Regelmäßigkeit zum schönsten Dorf Spaniens gekürt. Mit seinen perfekt herausgeputzten und unter Zuhilfenahme unzähliger Steine gemauerten Häusern wirkt es sehr adrett, allerdings bei näherer Betrachtung auch ein wenig seelenlos.

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Unbedingt zu empfehlen ist jedenfalls eine Besichtigung des kleinen Bergdorfs Valldemossa, das etwas südlich von Sóller gelegen ist. In der hiesigen alten Kartause verbrachte der polnische Komponist Frédéric Chopin gemeinsam mit der französischen Schriftstellerin George Sand den Winter 1838/39. Sand schrieb später in ihrem Buch "Ein Winter auf Mallorca" darüber. Außerdem befindet sich hier das "Centro Culturál Costa Nord", das auf Initiative des amerikanischen Schauspielers Michael Douglas entstand und in dem der Geist des habsburgischen Erzherzogs Ludwig Salvator von Österreich auflebt. Dieser bereiste und erforschte auf seinem Schiff "Nixe" das Mittelmeer, ließ sich schließlich auf Mallorca nieder und wird für seine ethnographischen Schriften "Die Balearen in Wort und Bild" noch heute gewürdigt.

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Neben der ganzen Kultur lässt sich in Valldemossa natürlich auch hervorragend speisen. Die mallorquinische Süßspeisen-Spezialität, die so genannten "Ensaimadas", bestehen zwar im wesentlichen nur aus Zucker mit etwas fettem Teig darunter, aber ...

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... Mallorca bietet auch abseits davon zahlreiche Köstlichkeiten, auch und gerade im Oktober. Und für's Schlemmen ist das Wetter - siehe Bild 1 - ohnehin egal. (Martin Putschögl, derStandard.at)

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