Köln/München - Der Wiener Helmut Thoma, lange RTL-Chef, versucht zwar, deutsche Medienpolitik und Kartellwächter zu bewegen, dass der Verlagsriese Springer (Bild, Die Welt) doch ProSiebenSat.1 übernehmen darf.

Die Eigentümer, KKR und Permira, tendieren nun offenbar zum Börsengang mit ihren stimmberechtigten Stammaktien 2011 (bisher notieren nur Vorzugsaktien). Die Finanzinvestoren belasteten den Konzern mit mehr als drei Milliarden Euro Schulden.

3 Mrd. Euro Umsatz, 5.000 Mitarbeiter

Die Liste der potenziellen Käufer aus der Medienbranche ist demnach übersichtlich. Denn ProSieben ist eine große Nummer: Knapp 3 Mrd. Euro Umsatz, 5.000 Mitarbeiter und ein Drittel TV-Marktanteil in Deutschland. Eine Übernahme können deshalb nur wenige stemmen. Und die, die können, dürfen nicht. So waren sich Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner und der damalige ProSieben-Eigner Haim Saban vor fünf Jahren schon handelseinig - bis der Berliner Verlag ("Bild", "Welt") vom deutschen Bundeskartellamt zurückpfiffen wurde. Dessen Argument, dass die beiden Firmen zusammen auf dem deutschen Medienmarkt zu mächtig geworden wären, wurde im Juni vom Bundesgerichtshof bestätigt. Noch weniger spricht für den ewigen ProSieben-Rivalen RTL Group. Der europäische Privatfernseh-Marktführer würde von den Wettbewerbsbehörden niemals grünes Licht bekommen, sind sich TV-Manager sicher.

Auch ausländische Investoren dürfen sich kaum große Chancen ausrechnen. Jeder Schritt, den die Medienunternehmer Rupert Murdoch - mit seinem Bezahlsender Sky bereits auf dem deutschen TV-Markt vertreten - oder Silvio Berlusconi in Deutschland bisher unternommen haben, wurde von deutschen Politikern mit Argusaugen verfolgt. Als beispielsweise Berlusconi nach der Abfuhr für Springer zeitweise ein Auge auf ProSieben geworfen hatte, warnten Politiker von CDU/CSU und SPD umgehend vor einem Qualitätsverfall im hiesigen Fernsehen und forderten neue Regeln.

KKR und Permira hätten deshalb eine ganz andere Lösung im Blick, sagten beide Personen übereinstimmend. Die Finanzinvestoren könnten ihre Stammaktien, mit denen sie das Unternehmen kontrollieren, an die Börse bringen. Zwar ist ProSieben bereits an der Börse und auch im Nebenwertindex MDax gelistet, aber lediglich mit seinen Vorzugs-Anteilsscheinen. Deren Besitzer bekommen eine etwas höhere Dividende, haben aber im Unternehmen kaum etwas zu melden, da ihre Aktien nicht stimmberechtigt sind.

3 Mrd. Euro für 88 Prozent

KKR und Permira hatten vor vier Jahren insgesamt gut 3 Mrd. Euro für 88 Prozent der Stämme auf den Tisch gelegt - je Stammaktie 28,71 Euro. Nicht alle Anteile müssten an die Börse, eine Minderheit könnte bei einem Ankeraktionär geparkt werden, der die Titel länger halten will, heißt es. Auf jeden Fall hätten die beiden Private-Equity-Firmen das Börsendebüt von Kabel Deutschland in diesem Jahr, bei dem ebenfalls ein Finanzinvestor groß Kasse gemacht hat, sehr aufmerksam beobachtet. Der Zeitpunkt zum Ausstieg scheint günstig: Nachdem die Vorzugsaktien im März 2009 - auf dem Höhepunkt der jüngsten Wirtschaftskrise - zeitweise weniger als einen Euro kosteten, steht ihr Kurs nun bei rund 19 Euro.

Die Idee ist für KKR und Permira auch aus anderen Gründen verlockend: Die häufig als "Heuschrecken" gescholtenen Firmen könnten mit einem erfolgreichen Börsengang eines der größten Fernsehkonzerne weit und breit ihren Ruf aufpolieren. "Damit könnten sie zeigen, wie toll ihr Investment funktioniert hat", sagt der ProSieben-Kenner. Schließlich wollen KKR und Permira in Deutschland noch weitere Geschäfte machen und keine verbrannte Erde hinterlassen. So mussten die Firmen heftige Kritik einstecken, als sie sich für das Geschäftsjahr 2007 auf Kosten von ProSieben Ausschüttungen von 270 Mio. Euro genehmigt hatten - das dreifache des damaligen Gewinns. Die Finanzgesellschaften haben dem Konzern zuvor schon über 3 Mrd. Euro Schulden aufgebürdet. Bis heute ist unklar, wie die Verbindlichkeiten jemals abgebaut werden sollen. (APA/Reuters/fid)