Berlin/Bagdad - Das irakische Nationalmuseum in Bagdad hat nach Angaben des Altorientalisten Walter Sommerfeld während der Plünderungen rund 100.000 Ausstellungsstücke verloren. Dies entspreche mehr als der Hälfte des Gesamtbestandes von rund 180.000 Exponaten, sagte der Universitätsprofessor der "Berliner Zeitung". Sommerfeld leitet an der Marburger Universität das Institut für Orientalistik und hält sich derzeit in Bagdad auf, um dem Museum bei der Bestandsaufnahme zu helfen, wie das Blatt berichtet.

Bis auf die assyrischen Reliefs ...

Bis auf die assyrischen Reliefs, die zu groß und zu sicher befestigt gewesen seien, sei alles aus den Ausstellungsräumen entfernt oder zerschlagen worden. Entgegen früheren Meldungen seien aber die Inventarbücher erhalten geblieben, sagte Sommerfeld. So könne jetzt zumindest festgestellt werden, was fehlt. Das Museum besitze beispielsweise rund 80.000 Keilschrifttexte aus drei Jahrtausenden, die Auskunft geben über Kultur und Alltag der Sumerer, Babylonier und Assyrer. "Das sind Unikate. Wenn die weg sind, sind auch diese Informationen weg und nie wiederzugewinnen", sagte der Professor.

Experten-Diebstahl

Es gebe Indizien, dass "sachkundige Gruppen gezielt zugelangt" hätten. Denn berühmte Denkmäler, die im Museum nur in Nachbildung erhalten waren, seien am Ort gelassen worden. "Diese Leute wussten, was echt war oder nicht", sagte Sommerfeld. Die kostbarsten Stücke wie der Goldschatz von Nimrod oder Geräte von assyrischen Königen aus dem ersten Jahrtausend vor Christus seien in der irakischen Zentralbank eingelagert gewesen, deren Haupttresor von den Plünderern nicht geknackt werden konnte. (APA/dpa)