Martin Krott in der Trodat-Xiamen Stempel Fabrik mit Arbeiterinnen

Foto: STANDARD/Erling

Unter den 73 Millionen Besuchern der Schanghaier Expo 2010 kamen 3,3 Millionen zum Pavillon Österreichs. "Wir haben unsere Visitenkarten abgegeben", erklärte Expo-Regierungskommissär Hannes Androsch. Der österreichische Geschäftsmann Martin Krott, der 1000 Kilometer entfernt in der Stadt Xiamen an der Südküste lebt, könnte solche Worte unterschreiben und seinen Stempel daruntersetzen.

Der 57-jährige Wiener ist Geschäftsführer der 2001 gegründeten China-Tochter der Trodat-Gruppe aus Wels. Für den Ableger des weltgrößten Herstellers sich nachfärbender Stempel hat Krott auf der Expo einen einzigartigen Werbecoup gelandet. Er will ihn nutzen, um Trodats Marktanteil in China auszubauen.

Die Erfolgsstory der Nischenfirma begann, als das Schanghaier Dongwo-Unternehmen einen Sammlerpass plante, mit dem sich Expo-Fans Erinnerungsstempel von jedem Pavillon abholen konnten. Die Geschäftsidee nach Vorbild früherer Weltausstellungen passte zu China, wo ein Stempel mehr zählt als eine Unterschrift. Dongwo ließ 30 Millionen Pässe zu jeweils rund 3,50 Euro herstellen. "Trodat China" wurde ihr Partner und sponserte die ersten 2000 Stempel.

Die Nachfrage war so groß, dass sie der Expo weitere 4000 Stempel und tonnenweise Nachfüllfarbe liefern musste. Mit Laserbrennern gravierte die Xiamener Firma zudem alle 472 Stempeldesigns nach den Entwürfen der Aussteller. "Wir mussten durcharbeiten", erinnert sich Laserdrucktechniker Wang Guangfu, einer der 155 Mitarbeiter von Martin Krott. "Am Ende verdienten wir an der Expo", sagt der. Wichtiger ist ihm, dass die "enorme Anziehungskraft der Expo uns überall bekanntgemacht hat". Die Expo-Fans holten sich mehr als 700 Millionen Abdrücke. "Auf jedem Stempel stand unser Name." Internetfilmer drehten darüber Videoclips und untermalten sie mit Strauß-Musik. Krott nennt es "Stempeln im Dreivierteltakt.

Chinesen haben einen Verbrauch von 100 Millionen Stempeln pro Jahr. In keinem Land der Welt spielt seit kaiserlichen Zeiten das einst aus Jadeblöcken geschnittene Markierungsgerät als Legitimation von Macht und Befugnissen eine solche Rolle. Der offizielle Stempel ist so wichtig, dass alle 20.000 Hersteller polizeilich angemeldet und lizenziert sein müssen.

Binnenmarkt boomt

2001 gründete Trodat seine Tochterfabrik in China vor allem zu Exportzwecken. Der 2003 in die Firma eingetretene industrieerfahrene Sinologe Krott erkannte rasch, wie aufnahmebereit der Binnenmarkt ist. Bei den bis heute dort genutzten PVC-Stempeln werden unter Lasergravur Dioxindämpfe freigesetzt. Er begann für die umweltfreundlichen Stempel aus Österreich zu werben, schloss Abkommen mit 600 Stempelmachern. 2008 wurde die Metropole Chongqing Kundin und nimmt seither 150.000 Stempel pro Jahr ab.

Die Xiamen-Firma vervierfachte ihren Jahresumsatz auf heute vier Mio. Euro. Das ist beim Gesamtumsatz des Mutterhauses von 120 Millionen Euro nicht viel. Xiamens Umsatz hängt noch zu 60 Prozent vom Exportgeschäft ab. "Wir sind aber bei selbstfärbenden Stempeln in China Marktführer, verkaufen eine Millionen Stück pro Jahr." 2011, so rechnet Krott, "werden wir im Binnenmarkt mehr als im Export absetzen".

In Xiamen ist der erste "istamp" fertig, mit dem China ins digitale Zeitalter springt. Krott hat mit einer Schanghaier Software-Firma das Projekt entwickelt. Über einen USB-Stecker und eingebauten Chip wird der Stempel digitalisiert. China hat 2007 das erste Gesetz zur Anerkennung von Online-Signaturen erlassen. Die Gesellschaft "CFCA" zertifiziert die Stempelabdrücke, überträgt sie mit Kopierschutz auf den Chip. Versicherungsgesellschaften haben Interesse angemeldet, ihre Polizzen online zu verschicken. Trodat stempelt dann immer mit. (Johnny Erling aus Xiamen, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 2.11.2010)