Nagoya - Mit ehrgeizigen Zielen zum Schutz gefährdeter Pflanzen, Wälder und Tiere soll dem Artensterben ein Riegel vorgeschoben werden. Die Artenschutzkonferenz der Vereinten Nationen in Nagoya einigte sich am Freitag auf ein 20-Punkte-Programm, das bis 2020 umgesetzt werden soll und etwa erweiterte Schutzgebiete zu Land und zu Wasser vorsieht. Umweltminister Niki Berlakovich sprach von einem "großen Tag für den Artenschutz". Für Österreich dürfte das Abkommen unmittelbar keine Auswirkungen haben, da das Land die in der Strategie genannten Ziele zum Teil - etwa bei der geschützten Fläche - bereits realisiert habe, so Berlakovich. Nicht im Boot waren bei der Konferenz die USA, die nur Beobachterstatus hatten, sehr wohl aber China. Berlakovich sah die Einigung auch als Zeichen, dass die Staatengemeinschaft handlungsfähig ist. Er hofft nun auf eine Signalwirkung für die UNO-Klimakonferenz in Cancún.

Nach fast zwei Wochen intensiver Verhandlungen einigten sich die Teilnehmer aus 193 Ländern unter anderem darauf, die aktuellen Schutzgebiete zu erweitern, um die dortige Artenvielfalt zu sichern. Derzeit sind 13 Prozent der Landesfläche der Erde und ein Prozent der Küsten und Meere als Schutzgebiet deklariert, diese sollen auf 17 beziehungsweise zehn Prozent steigen. Die Delegationen einigten sich zudem auf mehr Maßnahmen gegen die Verschmutzung und einen intensiveren Schutz von Wäldern und Korallenriffen.

Teilung von Gewinnen aus biologischen Ressourcen

Die Teilnehmer nahmen zudem ein Protokoll an, das die Teilung von Gewinnen durch die Nutzung ökologischer Ressourcen vorsieht. Bei dem Treffen war intensiv um das sogenannte Acces and Benefits Sharing Protocol (ABS) gerungen worden, über das seit acht Jahren verhandelt wird. Es legt eine Teilung von Gewinnen aus biologischen Ressourcen fest. Entwicklungs- und Schwellenländer hatten eine Art "Gensteuer" gefordert, wenn Firmen aus ihren biologischen Ressourcen gewonnene Wirkstoffe, etwa in Form von Arzneien oder Kosmetika, vermarkten. Brasilien hatte im Vorfeld erklärt, keinen Plan zu unterschreiben, der eine solche Gensteuer nicht enthält.

"Historisches Ergebnis"

Umweltverbände haben das Maßnahmenpaket als begrüßt: "Das Nagoya-Protokoll ist ein historisches Ergebnis", sagte der Chef der Umweltorganisation WWF (World Wide Fund For Nature), Jim Leape. Wegen der stockenden Gespräche in den vergangenen Tagen hatten Naturschützer zuvor vor einem "zweiten Kopenhagen" gewarnt - dort war der Weltklimagipfel vor knapp einem Jahr gescheitert. "Angesichts dieser neuen und innovativen Antwort auf den alarmierenden Verlust an Biodiversität und Ökosystemen ist dies ein Tag zum Feiern", sagte der Leiter des UN-Umweltprogramms UNEP, Achim Steiner.

Der Naturschutzbund (NABU) sprach von einem "Meilenstein im internationalen Naturschutz". "Das ist ein starkes Signal an die Weltgemeinschaft, die Artenvielfalt und damit die eigene Lebensgrundlage zu sichern", sagte der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger: "Es haben sich alle positiv bewegt." Als großen Erfolg wertete er auch den geplanten Abbau umweltschädlicher Subventionen bis 2020. "Das bedeutet: Keine Steuergelder mehr für die Zerstörung der biologischen Vielfalt." Dies betreffe zum Beispiel umweltschädliche Agrarsubventionen.

Laut NABU besteht das beschlossene Maßnahmenpaket aus einer ambitionierten Naturschutzstrategie für 2020, einer Einigung auf einen Vertrag gegen Biopiraterie und einem Plan zur Bereitstellung von Finanzen für Entwicklungsländer. Der Rettungsplan müsse sofort umgesetzt werden, sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke.

Politische Reaktionen

Von einem "gewaltigen Erfolg" sprach auch der Schweizer Verkehrs-, Energie- und Umweltminister Moritz Leuenberger. Das Ergebnis zeige, dass konsensuale Lösungen in der UNO möglich seien. Der multilaterale Weg sei die einzige Möglichkeit, globale Probleme zu lösen. Der deutsche Umweltminister Norbert Röttgen sieht seinerseits eine "überfällige Trendwende", um den "anhaltenden Raubbau an der Natur zu stoppen". Die Staatengemeinschaft verfüge damit über ein wirksames Instrument zur Verhinderung von Biopiraterie.

Japans Umweltminister Ryu Matsumoto zeigte sich erfreut. "Mit Weisheit, enormen Anstrengungen und Tränen haben wir es geschafft", sagte er in Nagoya. WWF-Chef Jim Leape sprach von einem "historischen Erfolg". Frankreichs Umweltstaatssekretärin Chantal Jouanno sagte, die internationale Gemeinschaft habe gezeigt, "dass sie funktionieren und schwierige Entscheidungen treffen kann". Das Protokoll von Nagoya sei "das Kyoto-Protokoll der Biodiversität", sagte sie in Anspielung auf das Klimaschutzprotokoll, das 2012 ausläuft. Der UNO-Klimagipfel, der Ende 2009 ein Nachfolgeprotokoll ausarbeiten sollte, war daran gescheitert. (APA)