Mehr Polizisten auf der Straße oder in der U-Bahn: schon lange versprochen, laut Rechnungshofsbericht aber kaum umgesetzt.

Foto: Christian Fischer

Durch Zusammenlegungen könnte man 267 Beamte mehr auf die Straße bringen, rechnen die Prüfer vor. 

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Wien - Von der Idee bis zur Tat ist es oft ein langer Weg. Auch bei der Polizei. "Zu viele Häuptlinge und zu wenige Indianer" ortete der damalige Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) im Februar 2002 bei der Exekutive. Die derzeitige Amtsinhaberin Maria Fekter (ÖVP) versprach im Juli 2008 "mehr Polizisten auf der Straße". Von diesen Visionen ist in der Realität zumindest in Wien aber wenig zu bemerken, kritisiert der Rechnungshof in seinem aktuellen Bericht.

Im internationalen Vergleich hat die Bundeshauptstadt zu viele Polizeiinspektionen, bemängeln die staatlichen Prüfer. In München plus Umland, wo wie in Wien rund 1,7 Millionen Menschen leben, kommt man mit 25 Stück aus. In Wien sind es 96 - obwohl die betreute Fläche nicht einmal halb so groß ist.

Ein Anruf bei der Pressestelle der Berliner Polizei zeigt, dass es auch dort anders zugeht. Doppelt so viele Einwohner als Wien, die doppelte Fläche - und mit 38 Posten weniger als die Hälfte an Polizeidienststellen. Würde man auch in Wien größere Einheiten bilden, könnten 267 Führungsposten eingespart und die Zahl der Beamten im Außendienst erhöht werden, schreibt der Rechnungshof.

Aufklärungsquote niedriger

Auf die Sicherheit hat das offenbar keinen Einfluss. Laut Kriminalstatistik beträgt die Aufklärungsquote bei der Münchner Polizei 58 Prozent, in Berlin sind es immer noch 49 Prozent - ihre Wiener Kollegen fingen im Vorjahr dagegen nur 30 Prozent der Täter. Für Wiens Landespolizeikommandanten Karl Mahrer sind diese Statistiken nur bedingt aussagekräftig. "Aufgrund anderer Zählweise und Deliktsgruppen sind sie nicht vergleichbar", betont er. Warum man in Deutschland dennoch mit einer viel geringeren Zahl an Wachzimmern zurechtkommt? "Dort hat man eine andere Struktur. In Wien ist das aufgrund der gewachsenen Struktur und den Wünschen der Bevölkerung, etwa bezüglich der Anfahrtswege, anders." Ernst nimmt er die Anregung doch: "Es wird notwendig sein, diese Frage im Rahmen einer derzeit laufenden Evaluierung zu prüfen."

Die Arbeit kann sich der Spitzenbeamte eigentlich sparen. "Es wird in Wien keine Polizeiinspektion geschlossen", erklärt Fekters Sprecher Andreas Wallner auf Anfrage dezidiert. Zu den meisten Kritikpunkten hat das Innenministerium übrigens "nicht konkret Stellung" genommen, moniert der Rechnungshof.

Deutliche Unterschiede zwischen Wien und München orten die Prüfer auch in der Frage des Außendienstes, also der Polizisten auf der Straße. In Wien wird das derzeit noch nur stichprobenartig kontrolliert, der Wert liegt seit Jahren zwischen 40 und 43 Prozent. In München, wo diese Zahl elektronisch erfasst wird, waren es 69 Prozent.

"Haben Qualität erhöht"

Mahrer stellt sich dabei aber vor seine Untergebenen. "Wir haben die Quantität der Streifen und vor allem die Qualität in den vergangenen Jahren erhöht." Es gäbe eine Konzentration auf Kriminalitäts-Hotspots und in Gegenden, in denen sich die Bürger unsicher fühlen. Auch konzentrierte Aktionen wie Planquadrate hätten zugenommen. "Von Jänner bis September 2008 haben wir beispielsweise 69.242 Kontrollen mit Alkohol-Vortestgeräten durchgeführt. Heuer waren es bereits 118.407."

Einen weiteren Kritikpunkt des Rechnungshofes teilt Mahrer aber: Dass die Beamten mit zu viel Bürokratie belastet sind. Einige dieser Arbeiten könnten auch von nicht polizeilich Ausgebildeten übernommen werden. Konkret von den von der Post verleasten Beamten. Von diesen wünscht man sich bei der Polizeispitze deutlich mehr. Auch der Einsatz von Laptops in Streifenwagen, um schon während des Einsatzes Protokolle schreiben zu können, werde derzeit erprobt. (Michael Möseneder/DER STANDARD-Printausgabe, 30./31.10./1.11.2010)