Eindrücke einer "Stitching-Session" - Fünf derStandard.at-LeserInnen nähen einen "Fektsack" gegen soziale Kälte, eine multifunktionale Gemeinschaftsmütze und eine Turnhose für ein Kind, das nicht turnen will

Niemand muss nähen können, ja, man muss Nähen nicht einmal mögen, um Freude an einer "Stitching-Session" zu finden. So mancher wird sogar von seinem Handarbeitstrauma geheilt. 

Nicht zu übersehen: Das Entrée zum Hosenlabor der Gebrüder Stitch am Wiener Gaudenzdorfer Gürtel 35. Hier lädt Walter Lunzer zu seinen Stitching-Sessions.

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Fünf Nähwütige wurden von derStandard.at nach der Originalität ihrer Näh-Vorhaben ausgewählt.

Im Hosenlabor der Gebrüder Stitch können sie individuelle Projekte kreieren, von denen sie schon immer geträumt haben, oder von denen sie sich niemals träumen lassen hätten. Bevor es los geht, werden Erwartungen und Visionen besprochen. Dass in dreieinhalb Stunden meist keine fertigen Teile sondern Prototypen aus eierfarbenem Baumwollstoff entstehen, vermittelt Näh-Meister Walter Lunzer bereits zu Beginn.

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Die geplanten Nähprojekte: Teilnehmer 1: "Diesmal soll nicht der Glühweinfusel den Bauch wärmen, sondern ein Langer-Unterwäsche-Body mit Taschen für Wärmflaschen." Teilnehmer 2 möchte eine gerade Naht auf der Nähmaschine zustande bringen. "Zuerst werfen und modellieren wir den Stoff auf der Puppe", animiert Walter zum assoziativen Wickeln und Stecken.

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Alles anders als geplant: Teilnehmer 1 und 2 packeln, indem sie sich dem Entwurf einer Gemeinschaftsmütze widmen.

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Der nötige Dreh führt beim einen Kollegen zu einer Heiligen drei König-Kreation, beim anderen schaut diese nach Müller aus und bei einer Kollegin erinnert sie gar an alte niederländische Meister. Genäht ist allerdings noch nichts.

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"Ich möchte eine farbenfrohe, einfach zu wechselnde Turnhose für meine Dreijährige nähen, die Turnen hasst." Mit dabei ist die passende Hose. Die neue soll mit Gummizug ausgestattet und "auf jeden Fall ein bisschen Kinky" werden. Walter regt zu Mitgestaltungsideen für das Kind an: "Ihr könnt die Hose mit Plüsch und Glitzer bekleben, wurmförmige Tunnelnähte machen, Löcher rein schneiden und unterkleben oder patchworken."

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"Ich näh mir einen Fektsack! Das ist ein Sack zum Überkopfziehen aus Scham über unsere Innenministerin" - so lautet das nicht unpolitische Projekt eines Teilnehmers. Zuerst wird ein Entwurf auf Papier gezeichnet...

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... dann in die richtige Form gebracht...

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... und mit einigem Geschick an der Overlock genäht.

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Erste Anprobe. Walter findet vor der Werkstatt-Tür eine Eierschale, die als Modell für den Saum herhält. "Eiförmig und eierschalenfarben passt der Fektsack gut zum Schämen."

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"Ich möchte einen Schottenrock aus Jeans nähen." Visionen werden zu Papier gebracht.

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Das Vorhaben beginnt mit der Messung von Taille und Hüften. Walter Lunzer verfünffacht sich, ist in den dreieinhalb Stunden überall zugegen, wo Hilfe von Nöten ist und erklärt die Grundtechniken des Nähens. Der Absolvent der Modeschule Hetzendorf unterrichtet an der Akademie der angewandten Kunst in Wien.

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"Endlich eine gerade Naht nähen" - das Vorhaben wird vorbereitet...

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... und erfolgreich realisiert.

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Auch die Mütze nimmt dank ausgefeilter Wickeltechnik und Walters Modistenausbildung Gestalt an: "Das nähen wir dann so." Ängste kommen auf: "Aber das nähen wir nicht am Kopf, oder?"

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Damit sich die Falten bei der Ausfertigung an der Nähmaschine nicht verabschieden, bedarf es ausgefeilter Beschriftungen.

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Aus dem Turnhosen-Entwurf ist mittlerweile ein von selbst stehender Prototyp geworden. Möglich macht es der präparierte Baumwollstoff.

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Der Faltenrock hat seinen Weg zum Denim zwar nicht erreicht, ist aber als Schnitt durchaus präsent. Walter Lunzer: "Ich möchte nicht zu schnellen Ergebnissen drängen, sondern den TeilnehmerInnen Zeit geben, zu modellieren, zu stecken und den Schnitt zu erlernen."

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Feinschliff am Fektsack: Das selbst genähte Band wird eingezogen...

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Voila - ein multifunktionelles Stück ist Wirklichkeit geworden. "Er ist gut genäht, schön warm und hilft gegen soziale Kälte."

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Termine der Stitching Sessions über www.gebruederstitch.at
Ort: Hosenlabor der Gebrüder Stitch am Gaudenzdorfer Gürtel 35 im Kunstquartier Wien.
Kosten: EUR 44.- / Freestyle-Session (Basismaterialien inkludiert)
EUR 5.- / Referat "mode ist..."
EUR 176.- / 5er-Block für Sessions und alle Vorträge

(tin, derStandard.at, 01.11.2010)

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