Roland M. Kreutzer.

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Onlinewerbung ist in Österreich unterfinanziert, Print, Außenwerbung und TV (je nach Rechenmethode) überfinanziert. Zumindest gilt das, wenn man als Vergleich andere Märkte heranzieht. Gründe für das Hinterherhinken des Marktes (ja, im Ausland lächelt man über uns) gibt es viele - im letzten Blog-Beitrag findet man einige davon. Mir geht es diesmal jedoch um eine andere Frage.

Gesamt gesehen müsste die Onlinewerbung etwa 20 bis 30 Prozent der Werbegelder erhalten, wenn man internationale Maßstäbe oder die Mediennutzung als Basis heranzieht. Doch von Kampagne zu Kampagne und Branche zu Branche dürfte dieser Anteil höchst unterschiedlich ausfallen. Doch wo soll das Torteneck aus der Gesamtkampagne herausgeschnitten werden?

Mediennutzung in der Zielgruppe

Ich habe schon verschiedenste Ansätze gehört und eingesetzt. Beispielsweise wäre da die Mediennutzung in der Zielgruppe ein guter Beginn. Man sucht sich für die Kampagnenzielgruppe die Vorlieben an Mediengattungen und verteilt entsprechend auch das Werbegeld dort, wo man die Zielgruppe erreicht. Kein dummer Start der Überlegungen, für Außenwerbung ist allerdings schwer eine "Mediennutzung" herauszufinden und auch die Passivnutzung der alten Medien ist im Vergleich zur reinen Aktivnutzung der Onlinemedien eine etwas unfaire Sache.

Die "Spendings" der Branche und des Mitbewerbs als Basis ist auch immer wieder genannt - die Focus-Zahlen, die hier die Grundlage bieten, sind als Bruttowerte natürlich nicht direkt nutzbar. Auch decken sie nicht die kompletten Werbegelder ab, was wiederum das Internet in schlechteres Licht rückt, als es notwendig wäre.

Wie viel Werbegeld muss im Web investiert werden?

Eine andere Überlegung (nachdem Geld ohnehin immer knapp ist) könnte die Sache mit dem "Lead Medium" sein. Der "passendste" Werbeträger wird komplett genutzt, darum herum nutzt man noch Mediengattungen, die passen. Jene also, die die Kampagne günstig weiter führen können oder jene, die fehlende Reichweiten ergänzen. Das Internet war hier bisher oft in der Rolle des "passenden Lückenfüllers" und wird immer mehr zum zentralen Mittelpunkt. Zu einer Formel des "Fair Share" bringt uns dieser Ansatz aber auch nicht.

Für einen rein wirtschaftlich berechenbaren Zugang braucht es eine Bewertung der Werbeformen hinsichtlich deren Effekt (untermauert durch Studien und Befragungen?). Stellt man den Banner gegen die Print-Anzeige und den TV-Spot (die jeweiligen Ausprägungen muss man natürlich definieren) und fixiert den "Wechselkurs" der Werbeeffekte, so lässt sich auch rasch eine Formel für den optimalen Geldeinsatz finden. Zielgruppe (Streuverlust), Kontaktverteilung (Dosis-Optimierung) und Preis (mit den Annahmen zur Effizienz angepasst) sind dann die Faktoren, die die endgültige Verteilung ausmachen. In solchen Szenarien gewinnt das Web üblicherweise durch günstige Kontaktkosten in engeren Zielgruppen, kann aber alleine nicht die ganze Kampagnengröße abwickeln oder (leider immer noch zu oft) keine Vergleichszahlen für die Bewertung liefern. Es gibt in den Unternehmen und Agenturen schlicht zu wenig Erfahrungsmaterial für die Einordnung.

Alternativen zum "Daumen mal Pi" gesucht!

Daneben kenne ich noch die "Daumen mal Pi"-Methode, deren Formel aus Einheiten wie Windrichtung, Tagesverfassung, Zufall und letzter Verkäufer-Kontakt ein wenig deterministisches Ergebnis liefert. Annahmen, wie oft diese Formel den endgültigen Mediamix bestimmt, möchte ich hier lieber nicht treffen ;-)

Anders als im Performance-Marketing, wo der ROI beinhart auch den Mix der Mediengattungen in Kampagnen bestimmt (und das Internet gut einbezieht!), kenne ich keine zuverlässige und von den Handelnden als vertrauenswürdig eingestufte Methode, um Kampagnen-Anteile auf Mediengattungen zu verteilen. Leser, die hier eigene Methoden entwickelt haben oder die einen guten anderen Ansatz dazu kennen, mögen sich im Forum unten zu Wort melden! Insbesondere interessieren mich persönlich auch jene Methoden, die das Internet bisher nicht wesentlich berücksichtigt haben - an den Ursachen müsste man arbeiten... (derStandard.at, 2.11.2010)