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Zu Hause in Florisdorf: ein Muslim beim Gebet in der Wiener Moschee.

Foto: APA/Hans Klaus Techt

In Österreichs islamischer Glaubensgemeinschaft brodelt schon länger ein Streit um die offizielle Repräsentanz nach außen. Kritiker wollen sich nicht länger von einer, wie sie meinen, "konservativen Führung" vertreten lassen.

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Graz - "Die Minderheit von einer Minderheit einer Minderheit", sagt Omar Al-Rawi und meint damit jene Initiative Liberaler Muslime, die den Alleinvertretungsanspruch der Islamischen Gemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) infrage stellt und die auch Forderungen etwa nach Sanktionen gegen radikale Imame oder Durchforstung von Schulbüchern im islamischen Unterricht nach Diskriminierung gegen Andersgläubige aufgestellt hatte.

Al Rawi - er ist Wiener SPÖ-Politiker und Integrationsbeauftragter der IGGiÖ - will die Kritik von außen nicht gelten lassen. Seine Gemeinschaft vertrete als Dachorganisation so ziemlich alle Gruppierungen der rund 500.000 Muslime in Österreich.

Die Kritik, dass nur ein geringer Prozentsatz der muslimischen Gemeinde ihre Vertretung in der Gemeinschaft gewählt habe, sei nicht haltbar. Al Rawi im Gespräch mit dem Standard: "Obama ist wahrscheinlich von 20 Prozent der Amerikaner gewählt worden, weil nicht jeder wählen geht. Aber niemand käme auf den Gedanken, Obama sei nicht demokratisch legitimiert." Nur von der islamischen Glaubensgemeinschaft werde erwartet, "dass 500.000 Muslime wählen gehen".

Genau an diesem Punkt hakt Efgani Dönmez ein. Der Grünen-Politiker bekennt sich zum islamischen Glauben, fühlt sich aber ebenfalls von der seiner Meinung nach "sehr konservativen" Glaubensgemeinschaft nicht vertreten. Die "schweigende Mehrheit, die "normal arbeitet und integriert ist", neige eher einem "aufgeklärten liberalen Lager" zu. Dönmez: "Vielen ist nicht bewusst, was da abrennt. Wer sich da alles als Ansprechperson verkauft. Die Politiker unterliegen einem Irrtum: Sie glauben, dass der Islam genauso ein einheitlicher Block ist. Der Islam ist aber keine einheitliche Religion. Diese Pluralität ist erst einmal zu realisieren." Dann müsse sich die Politik die Frage stellen, mit welchen Ansprechpartnern sie ihre Integrationspolitik machen wolle: mit den "aufgeklärten, säkularen Kräften" oder wie bisher "mit den Konservativen". Dönmez: "Ich hoffe, dass die österreichische Politik langsam aufwacht. Sie spielt meines Erachtens mit dem Feuer und macht mit ihrer Politik die Rechten, aber auch die Islamisten sonst nur noch stärker."

Omar al Rawi hat für Dönmez und andere Kritiker einen Rat zur Hand: "Wenn er sich als Muslim versteht und Veränderungen erreichen will, ist er eingeladen, Mitglied in der Glaubensgemeinschaft zu werden, seinen Beitrag zu zahlen und dann dort seinen Wirbel zu machen." (Walter Müller/DER STANDARD, Printausgabe, 29. Oktober 2010)