ÄUSSERES/ENTWICKLUNG

Die Einschnitte im Budget der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (EZA) gehen deutlich tiefer als bisher bekannt. Die Einsparungen bei der EZA steigen von 9,4 Millionen Euro im kommenden Jahr auf über 33 Millionen im Jahr 2014. Schon die bisher bekannten Kürzungspläne für 2011 haben zu heftiger Kritik der OECD geführt.

Das Außenministerium muss bis 2014 rund 72 Millionen Euro einsparen. Gekürzt wird an mehreren Stellen, doch keinen Bereich trifft es so stark wie die EZA. Bei den Verwaltungsausgaben werden die Einsparungen beispielsweise auf "nur" 13,5 Millionen bis 2014 ansteigen. Zwei Millionen werden bei den Zahlungen zur europäischen Sicherheits-, und Verteidigungspolitik gekürzt. Vier Millionen Euro spart man, indem Rückstellungen für Wechselkursschwankungen aufgelöst werden.

Hart treffen wird es aber Österreichs Beiträge an internationale Organisationen. Allein bei den freiwilligen Zahlungen will man 13 Millionen Euro einsparen. Derzeit machen die gesamten freiwilligen Beiträge der Republik zu internationalen Organisationen etwas mehr als 20 Millionen aus.

Angesichts dieser Zahlen wirft das Rote Kreuz der Bundesregierung Scheinheiligkeit vor. "Wenn Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon nach Österreich kommt, werden großen Versprechen abgegeben. Dann sieht man, dass da nichts dahintersteckt", sagt Max Santner, der beim Roten Kreuz für internationale Hilfe zuständig ist. Von einem "Desaster für Österreich" spricht Grünen-Abgeordnete Judith Schwentner.

Im Außenministerium ist von "bedauerlichen Kürzungen" die Rede. Angesichts der Vorgaben des Finanzministers seien die Maßnahmen aber unvermeidlich. Immerhin habe das Finanzministerium zugesagt, den Vorschlag von Außenminister Michael Spindelegger zu prüfen, wonach die Mehreinnahmen aus der höheren Stiftungssteuer der EZA zugute kommen sollen.

Gekürzt wird bei der internationalen Hilfe übrigens keinesfalls nur im Außenamt: Die Entschuldung der ärmsten Länder (die sogenannte Hipic-Initiative) wird bis 2014 um rund 40 Millionen Euro gegenüber früheren Plänen zurückgefahren.

Die Regierung gab im vergangenen Jahr etwa 800 Millionen für Entwicklungszusammenarbeit aus. Das entspricht 0,3 Prozent der Wirtschaftsleistung. Österreich liegt mit diesem Wert im internationalen Schlussfeld.

VERKEHR

Als "überschaubar ambitioniert" bezeichnen Budgetisten die Kürzungen bei Straßen- und Bahnausbau. Die Asfinag etwa bringt von 2011 bis 2014 25 Millionen Euro auf die Waage. Erwartungen, dies könnten ein paar Kilometer Autobahn sein, die zu Bundesstraßen degradiert wurden, gehen ins Leere. Denn die Asfinag fährt lediglich die Grundablösen für ihre großspurigen Autobahnpläne zurück, kauft also Baugründe erst, wenn fix gebaut wird.

Spüren werden den Sparkurs dafür die Verkehrsverbünde - wenn die Länder die Kürzungen des Bundes um 25,6 Mio. Euro (pro Jahr um 5,8 bis 7,0 Mio. Euro) nicht ausgleichen. Um 30 Mio. Euro kürzen will Verkehrsministerin Doris Bures die Zuzahlung zum U-Bahn-Bau, und der Klima- und Energiefonds Klien darf um 14,1 Mio. Euro weniger Förderungen vergeben. Gespart wird auch bei Bahnanschlüssen für Betriebe, bringt 22,5 Mio. Euro. Relativ leicht eingespart sind die 405,5 Mio. Euro im ÖBB-Baubudget, sie werden mittels Bauzeitenverlängerung bei Großprojekten erzielt.

Die Flugticketsteuer kommt ab 1. April 2011: 8,0 Euro für Kurzstreckenflüge (Europa), 20 Euro mehr kosten Mittelstreckenflüge (Ägypten, Afrika) und 40 Euro Langstreckenflüge.  

LANDWIRTSCHAFT

Als wahrscheinlich einziges Ressort ist die Landwirtschaft mit einem blauen Auge davongekommen. Nachdem das ursprüngliche Einsparungsziel von 700 Millionen bis 2014 ohne Förderstreichungen nicht möglich gewesen wäre, wurden die Pläne bei der Regierungsklausur am Wochenende massiv abgeschwächt: Statt 77 Millionen weniger im Jahr 2011 sind es nun nur mehr 30,7 Mio. Euro, die die Agrarier nächstes Jahr einsparen müssen. Dies sei, heißt es unter Agrarexperten unisono, durch Verwaltungsvereinfachungen und Kürzungen bei den sogenannten nachgelagerten Stellen des Landwirtschaftsministeriums möglich.

Die EU-Förderungen werden also nicht angetastet, was Agrarier für sinnvoll halten. Ursprünglich war angedacht, weniger EU-Mittel abzurufen. Weniger Verständnis bringen manche Experten dafür auf, dass auch an den kofinanzierten EU-Agrarsubventionen nicht gerüttelt wird. Diese werden mit Mitteln von Bund und Land jedes Jahr fast verdoppelt, was dem Bund rund 320 Mio. Euro kostet und den Ländern rund 220 Mio. Euro.

Statt die Förderungen zu streichen, müssen Verwaltung, Beteiligungen und Dienststellen mit weniger Mittel als bisher auskommen. So wird künftig die Agrarmarkt Austria (AMA) mit weniger Verwaltungsbudget auskommen müssen - wie viel, ist noch nicht bekannt. Auch die Ages, die Agentur für Gesundheit und Ernährung (die Agentur ressortiert zum Landwirtschaftsministerium ebenso wie zum Gesundheitsressort) muss sparen: Bis zum Jahr 2014 wird die Basisfinanzierung um 20,7 Mio. Euro gekürzt.

Weitere Stellen, die künftig mit weniger auskommen müssen: Weiterbildungsinstitutionen wie das agrarwissenschaftliche Institut oder die Bergbauernvereinigung. Auch die Landwirtschaftskammern selbst, die für Beratungsleistungen bei EU-Förderungen selbst EU-Förderungen erhielten, müssen sich mit weniger begnügen. Laut Transparenzdatenbank erhielt die niederösterreichische Landes-Landwirtschaftskammer zuletzt gut 183.000 Euro; die Kärntner erhielten gut 52.000 Euro.

Auch die ländlichen Fortbildungsinstitute, die in den meisten Bundesländern zu den größten Fördernehmer gehören (Niederösterreich: 1,2 Mio. Euro), werden Federn lassen müssen. Ihnen wird angelastet, dass sie reine Verwaltungseinheiten sind; ihre Förderungen also nicht den Bauern selbst zugute kommen.

FORSCHUNG

Kleinvieh macht auch Mist. Nach diesem Motto hat Wissenschaftsministerin Beatrix Karl die teils kleinteilige Forschungsagenda ausgemistet. Das Ergebnis: Für kleinere, frei schwebende außeruniversitäre Forschungsinstitute wie das Schrödinger-Institut dürfte es eng werden. Sie müssen den Gürtel enger schnallen, denn die Basissubventionen werden von 2011 bis 2014 um insgesamt 28,1 Millionen Euro gekürzt. Das heiße nicht, dass die Institute geschlossen würden, sagt man, sie könnten auch an größere Einrichtungen angedockt oder zusammengelegt werden.

Neue Schreibtische und Kästen sollten auch nicht erwartet werden, denn bei Einrichtungen von Universitätsbauten sollen weitere neun Millionen Euro eingespart werden. Auf der Bremse steht man auch bei Zu- und größeren Umbauten in Unis; das sollte sich auf 81 Mio. Euro summieren.

Auf die Online-Rechtskommentare des Verlags Manz etwa verzichtet das Ministerium künftig ebenso wie auf Erhöhungen der Verwaltungsgelder für den Österreichischen Auslandsdienst ÖAD. Federn lassen muss auch die Bundesimmobiliengesellschaft BIG, ihre Mieten für Uni-Gebäude werden um 600.000 Euro weniger valorisiert. Eingefroren wird der Zuschuss zum Erasmus-Programm der EU, weitere 7,9 Millionen Euro will man sich bei der EU-Anbahnungsfinanzierung ersparen.

5,4 Millionen Euro soll die Straffung der "Wissenschaftlichen Außenvertretungen" bringen, wie sie vor Jahren in ost- und südosteuropäischen Ländern eingerichtet wurden, um einen guten Draht nach Wien zu schmieden.

Dagegen kann Verkehrsministerin Doris Bures bei der Förderung der wirtschaftsnahen Forschung geradezu klotzen. Die 31,3 Millionen Euro an Einsparungen, die sie bei der Forschungsförderungsgesellschaft FFG laut Finanzrahmenplan kürzen hätte müssen, konnten laut Angaben aus dem Ministerium mehr als kompensiert werden. Man habe für die kommenden vier Jahre in Summe 110 Mio. Euro an Offensivmitteln bekommen. Sie sollen in Strukturprogramme und andere Förderungen gepumpt werden - unabhängig davon, ob die Forschungsprämie 70 Millionen Euro verschlingt oder 90 Millionen Euro, wie der Generalsekretär im Verkehrsministerium, Herbert Kasser, am Mittwoch betonte. Auch der Wegfall von "Forschungsfreibetrag alt" und "Forschungsfreibetrag neu" beeinträchtige die Höhe der Offensivmittel nicht. (ung)

NOTENBANK

Wenn Arbeitskreise nicht mehr weiterhelfen, wird zur Budgetkonsolidierung gerne die Notenbank herangezogen. Als prominentestes Beispiel dafür gilt die Ausdünnung der Nationalbank in der Ära des früheren Finanzministers Karl-Heinz Grasser. Ganz so dick kommt es jetzt nicht, doch immerhin holt sich auch Rot-schwarz von 2012 bis 2014 jährlich 80 Millionen Euro zusätzlich an Dividende. Macht unter dem Strich 240 Millionen der Währungshüter für das Budget.

2010 betrug der 90-prozentige Gewinnanteil des Bundes 193 Mio. Euro. Der künftige Aderlass wird von Insidern freilich mit niedrigen Annahmen in der Vergangenheit, die noch von Belastungen nach der Lehman-Pleite geprägt waren, relativiert. Die geplante Aufstockung der zusammengeschmolzenen Reserven sei nicht gefährdet, ist zu hören.

Gekürzt wird zudem bei diversen Außenhandelsaktivitäten. So wird bei der von der Kontrollbank abgewickelten Ausfuhrfinanzierungsförderung bzw. der Ausfuhrförderung - es handelt sich dabei um staatliche Haftungen für die Exportwirtschaft - ein Beitrag von 124,4 Millionen bzw. 100 Mio. Euro in den nächsten vier Jahren budgetiert.

BANKEN- UND WERTPAPIERSTEUER

Die Wogen wegen der Belastungen von Banken und Anlegern gehen weiter hoch. Am Mittwoch sorgte der Umstand für Aufregung bei den Geldinstituten, dass die Bankensteuer unbefristet eingeführt wird. Sie soll jährlich 500 Millionen Euro ins Budget spülen, allerdings wird der Sektor indirekt auch entlastet, indem die Kreditvertragsgebühr mit einem Aufkommen von 150 Millionen Euro gestrichen wird.

SP-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder erklärte in einer Aussendung, bei keiner der steuerlichen Maßnahmen sei eine Befristung vorgesehen. Für dieses Anliegen des Kreditapparats habe er "kein Verständnis" , so Schieder. Für zusätzliche Empörung auf Bankenseite sorgt der Plan, ein Drittel des Aufkommens an die Länder zu überweisen. Wenn man den Anteil nicht für das Bundesbudget brauche, "dann heißt das ja wohl, dass man nicht 500 Millionen braucht, sondern ein Drittel weniger" , meinte RZB-Chef und Banken-Obmann Walter Rothensteiner.

Tatsächlich ist der Länderanteil an der Abgabe an Skurrilität kaum zu überbieten. Interessanterweise gibt es bereits im letzten Finanzausgleich einen Hinweis auf die Aufteilung der Bankenabgabe, obwohl von der damals zumindest in der Öffentlichkeit keine Rede war. "Die Sonderabgabe von Kreditinstituten sind ausschließliche Bundesabgaben" , heißt es in Paragraph 7. Warum die Regierung den Ländern dennoch einen Anteil zuerkennen, obwohl diese bei Verwaltungsreform und Einsparungen auf stur schalten, erklären Bundeskanzler Werner Faymann und Finanzminister Josef Pröll so: Es gebe eine mündliche Zusicherung des damaligen Finanzministers Wilhelm Molterer an die Landeshauptleute, auch die Bankenabgabe aufzuteilen ...

Neben der Bankenabgabe sorgt auch die Wertpapier-Kapitalertragsteuer für Unmut. Börsen-Vorstand Heinrich Schaller bezeichnete die 25-prozentige Steuer auf realisierte Kursgewinne auf Fonds, Aktien oder Anleihen als "sehr problematisch". Insbesondere die Aktien-Belastung erschwere den Aufbau von Eigenkapital, das immer wichtiger werde.

Dass hier nicht von einer zeitlichen Befristung die Rede sei, ist für Schaller ebenfalls unverständlich. Ausnahmen lediglich für die (staatlich gestützte) Zukunftsvorsorge sind Schaller zu wenig, wie er betonte. Er erwartet, dass auf dem Verhandlungsweg und im Laufe der Gesetzeswerdung vieles geklärt wird. "Dazu ist der Begutachtungsprozess ja da." (ruz, szi, ung, as, APA, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.10.2010)