"All about Mary Long"

Foto: Donaufestival

Korneuburg - Wie viele Leben hat ein Mensch? Im neuen Stück des Autorenduos Andreas Sauter und Bernhard Studlar sicherheitshalber gleich mehrere. Denn wer in die Nähe ihrer konzerngebrieften Schönheitskönigin kommt, ist Abschusskandidat.

Im besten Fall funktioniert die am vergangenen Donnerstag beim Donaufestival uraufgeführte Agentengeschichte "All about Mary Long" wie ein Computerspiel: abdrücken, umfallen, aufstehen - weiter geht's. Das Töten wird hier aber nicht als Mord verbucht, sondern eher als Punkteverlust im aufreibenden Spiel um die Weltherrschaft.

Das eingeübte Schreibteam Sauter/Studlar, dessen eine Hälfte, Bernhard Studlar, jüngst mit einer Burgtheateraufführung seines "Transdanubia Dreaming" geadelt wurde, weist mittels Drittautor, dem Musiker Gilbert Handler, diese eingeschwefelte Weltraumzeitreise als Trashlibretto aus. Und immerhin hält diese Musik in Stephan Bruckmeiers schützender Regie über zwei Stunden lang bei Laune:

Ein Kind, das von seiner kopulierwütigen Mutter (Sibylle Kos) als Werbeträger an einen Tabakkonzern verkauft wurde, arbeitet für diesen in Wahrheit als Auftragskillerin. Und nachdem diese Mary (Claudia Androsch) einem Eierkopf-Gott die scharfe Beretta aus der Hose gezogen hat, hängt der Haussegen zur Gänze schief: Eine eigens entworfene Stahlkonstruktion rotiert fortan vor den das junge Ding begleitenden Hünen (Alfred Schedl, Wolfgang Müllner, Peer Martiny, David Müller, Ronald Rudoll). Während Nippon-Girls ihre gestärkten Hüften drehen.

Bruckmeier setzt die ausufernde Hightech-Geschichte (das Emmental, Marys Heimat, soll im kambodschanischen Dschungel nachgebaut werden) in geometrische, klinische Computerbilder. Play- Station jetzt auch am Theater? Da ist das zugeworfene lose Bein eines offenbar wortwörtlich vernaschten Mädchens bloß noch die Reminiszenz an ein blutiges Schlachttheater. Was bleibt: viel Loch vom schönen Emmental. (DER STANDARD, Printausgabe vom 3./4.5.2003)