Spannender Ansatz, im ORF nachmittags versendet: "tschuschen:power" mit neuen Österreichern.

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So kommen Österreichs Medien Migranten nur selten entgegen: Zeitgleich liefen Ende September die Österreichischen Medientage und die Medien.Messe.Migration, die den Termin als Erste belegte. Nur: Tagen Verleger und Senderchefs in der Stadthalle, schaffen es weniger Medienleute zu Kosmo und Vesti, afrikanet.info, Yeni Hareket, Ugur und biber in die Wirtschaftskammer.

Immerhin: Einen Abend luden die Medientage zur Debatte über "Chancen von Migration für Wirtschaft und Medien" in die Stadthalle - samt Get-together. Beim Feiern schauen sich Österreicher gern was ab von den neuen Landsleuten aus Süden und Osten. Lieber jedenfalls, als sie selbst berichten zu lassen.

Da wären wir schon beim brennendsten Problem in Sachen Integration und Medien für Simon Inou, Pionier in Sachen Migration mit Radio Afrika in Radio Orange und M-Media. Gerade drei Zeitungen räumen Menschen mit Migrationshintergrund fixen Platz ein: DER STANDARD mit daStandard.at, Die Presse mit M-Media und die Wiener Zeitung. Mehr könnten es mit Förderungen werden, meint Inou, der auf ein Staatssekretariat für Integration ab 2013 hofft. Immerhin: Auf Drängen der damaligen Grün-Abgeordneten Marie Ringler sind Migrantenmedien neuerdings nicht mehr ausgeschlossen von österreichischer Publizistikförderung - die beträgt allerdings nur wenige tausend Euro pro Titel.

Praktisch alle größeren Medien holte Inou gerade in einen Beirat, der Journalisten mit Migrationshintergrund aktiv fördern soll. Alle größeren Medien bis auf zwei, schränkt der Vereinsgründer ein: Österreich und Kronen Zeitung. Auch Heute steht nicht unter den Gründungsmitgliedern.

Gerade der Krone könnten neue Österreicher nicht schaden, meint Inou. Dem Kleinformat attestierte ein Wiener Gericht Rassismus, die Krone verzichtete auf Berufung.

"Sicherheitsrisiko"

"Österreichische Medien stellen Migranten hauptsächlich als Sicherheitsrisiko und Problem dar", kritisierte Kommunikationswissenschafterin Assimina Gouma (Uni Salzburg) bei der MedienMesse.

Zentralorgan dieser Perspektive: die Krone. Der Reichweitenkaiser ist zugleich meistgelesenes deutschsprachiges Blatt bei den größten Migrantengruppen, also aus der Türkei, Exjugoslawien und Osteuropa. Das ergab 2008 eine GfK-Studie im Auftrag des ORF. Der Teletest erfasst - wie die Media-Analyse - laut GfK nur deutschsprechende Menschen.

Gut zwei Drittel der Türken holen sich ihre TV-Programme über Satellit, was auf hohen Konsum von Programmen aus der Heimat schließen lässt. Sie sehen unter den drei Gruppen auch am häufigsten fern. Wien heute mit türkischen Untertiteln über Satellit tauchte im Frühjahr als Idee bei einem Treffen der Senderchefs von ORF und TRT auf.

Den öffentlich-rechtlichen ORF verpflichtet das Gesetz zu Programmen in Volksgruppensprachen - Türkisch zählt nicht dazu.

Verunglückt ist dem ORF ein spannender Ansatz, die zweite und dritte Generation in sein Programm zu bringen: Die Miniserie tschuschen:power versendete der ORF 2009 wochentags um 17.20 Uhr - praktisch ohne Publikum.

Die zweite und dritte Generation bedient das Magazin biber auch wirtschaftlich erfolgreich. Auf Deutsch: "Wir sind kein klassisches Migrantenmagazin und wollen das auch gar nicht sein", sagt Gründer Simon Kravagna, früher Kurier-Redakteur: "Unsere Zielgruppe redet besser Deutsch als ihre Muttersprache." biber arbeitet längst umgekehrt an der Integration der Ureinwohner bei den neuen Österreichern. Mit Coverstorys wie "Was ist dran am Schwabo-Mann?" - also quasi dem Altösterreicher. (Harald Fidler, DER STANDARD; Printausgabe, 27.10.2010)